Thriller Die Monster sind unter uns
Die 16-jährige Larissa liegt erdrosselt vor einer Marienstatue, ein Verdächtiger ist über eine DNA-Spur an der Leiche schnell ausgemacht: ein vorbestrafter Asylbewerber aus Afghanistan, der in einer nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft lebt. Er kann aber untertauchen. Kurze Zeit später läuft ein schwerverletzter 34-jähriger Mann vor ein Auto und wird überrollt. Er hatte vor einigen Jahren bei einem Autorennen eine Schwangere getötet hat. Was haben die beiden Todesfälle miteinander zu tun?
Geschickt verknüpft Nele Neuhaus die Fäden und spinnt eine spannende Geschichte um Schuld, Rache und Selbstjustiz. Dabei erlebt das Team des Hofheimer K11 um Oliver von Bodenstein und Pia Sander einige sehr böse Überraschungen und rückt immer mehr ins Zentrum des Geschehens.
Geschickt behandelt die Autorin auch die politische Komponente, wundert es doch in heutigen Zeiten nicht, dass ein verdächtiger Asylant die Emotionen nicht nur bei den Angehörigen der getöteten Larissa hochkochen lässt. Insgesamt ist Nele Neuhaus wieder ein sehr spannender und abwechslungsreicher Plot mit zahlreichen Finessen gelungen.
Gab es für „Monster“ ein reales Ereignis als Vorlage?
Als regelmäßige Zeitungsleserin fiel mir die zunehmende Berichterstattung über Kriminalfälle, in die Asylbewerber verwickelt sind, auf. Diese Artikel über Verbrechen, die von Menschen begangen werden, die auf der Suche nach Sicherheit und einer besseren Zukunft in unserem Land ankamen, sind so zahlreich geworden, dass ich sie nicht mehr ignorieren konnte - gerade als Autorin von Kriminalromanen, deren – fiktive – Handlungen vor einem realen Hintergrund spielen. Deshalb fing ich an zu recherchieren und habe dabei festgestellt, wie groß die Angst vor ausländischen Kriminellen in der Bevölkerung ist. Gleichzeitig ist es ein Tabuthema, dem am liebsten ausgewichen wird.
Während ich dann am Plot von „Monster“ gearbeitet habe, ereignete sich der Messermord in Illerkirchberg: Ein Asylbewerber aus Eritrea erstach ein Mädchen auf dem Schulweg. Die Realität ist meistens noch viel schrecklicher als die Fiktion.
Welche Kommentare bekommen Sie zu dem politischen Kontext von Monster?
Erstaunlich wenige. Ich habe zwei Leserbriefen von Frauen erhalten, die mir schrieben, es gäbe ja auch genügend deutsche Verbrecher, man müsse ja wohl nicht so tun, als würde alle Kriminalität von ausländischen Tätern kommen. Aber das geht an der Sache vorbei, denn die Handlung meines Romans ist viel komplexer und lässt sich nicht auf das Thema ‚kriminelle Ausländer‘ reduzieren. Der Großteil meiner Leserschaft versteht das und kann es richtig einordnen.
Lassen Sie Ihre Geschichten oder manche Szenen – z.B. sehr brutale – vorab von jemand Vertrautem lesen?
Meine Lektorin ist immer meine Sparringspartnerin und erste Kritikerin. Mit ihr bespreche ich nicht nur den Plot, sondern speziell auch besonders emotionale oder blutige Szenen, letztere gibt es in meinen Büchern nicht so viele. Meine beiden Schwestern sind meine Probeleserinnen und geben mir Rückmeldung. Ich denke dann darüber nach und entscheide, ob ich die eine oder andere Szene entschärfe, oder ob es genauso bleiben muss. Denn schließlich schreibe ich Krimis und da erwartet meine Leserschaft Nervenkitzel, Spannung und auch ein bisschen Blut.
Pia nimmt sich eine Auszeit mit ihrem Mann, werden wir sie im nächsten Band vermissen müssen?
Nein. Mehr kann ich nicht sagen, ohne zu spoilern. :-)
Sie haben sich weitestgehend aus den sozialen Medien zurückgezogen, waren Sie typischen Hasskommentaren oder Shitstorms ausgesetzt?
Ich habe die sozialen Medien seit ihrem Entstehen genutzt. „Wer kennt wen“ und „Facebook“ waren wichtige Instrumente als Selfpublisherin. Meine Follower durften mir bei meiner Arbeit und in meinem Leben über die Schulter schauen und ich hatte immer einen engen und herzlichen Kontakt zu meiner stetig wachsenden Fangemeinde. Mit der Zeit wurden die sozialen Netzwerke in rasender Geschwindigkeit immer professioneller und damit komplizierter. Ich bin nicht mitgewachsen und habe irgendwann den Anschluss verpasst. Dann gab es immer wieder Streitereien in den Kommentaren, wenn ich irgendetwas gepostet habe, was ich eigentlich für völlig harmlos gehalten hatte, das Posten wurde anstrengend.
Ich bin keine Selbstdarstellerin und habe keine Lust, mir zu überlegen, was ich wie sagen oder posten darf. Schließlich gab es eine unschöne Geschichte, die mich sehr betroffen gemacht hat und ich zog mich zurück. Heute bin ich noch bei Instagram, hauptsächlich meinen jungen Leserinnen von „Elena“ und „Charlotte“ zuliebe.
Planen Sie evtl. einmal eine zweite Krimireihe mit einem anderen Team und anderem Schauplatz?
Nein, ich denke nicht. Pia, Oliver & Co. machen mir nach wie vor Spaß. Dazu kommen meine beiden Jugendbuchreihen, die ich weiterschreiben möchte. Außerdem habe ich noch andere Ideen, die ich vielleicht eines Tages realisieren werde.
Medical-Tribune-Interview