Kommentar Droge oder Kinderspielzeug?

Aus der Redaktion Autor: Lara Sommer

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Dienstagmorgen gegen 7:30 Uhr an einer Wiesbadener Bushaltestelle: Kaum eingetroffen, fördert ein schlaksiger Junge, der nicht mehr als 15 Jahre zählen kann, ein rot-grünes Objekt zutage. Seelenruhig steckt sich der Teenager die E-Zigarette in den Mund und beginnt, den nach Erdbeere duftenden Dampf zu inhalieren. Obwohl Einweg-E-Vapes ebenso wie Tabak erst ab 18 Jahren erlaubt sind, scheint es an diesem Morgen sonst niemanden zu stören.

Aus den klobigen Metallkonstrukten zum Selbstbefüllen ist längst ein handliches Lifestyleobjekt geworden, das eher an Lippenpflegestifte erinnert. Ein Zweierpack gibt es im Onlinehandel bereits für weniger als 10 Euro. Schätzungen zufolge nutzen mittlerweile etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland ein Verdampfersystem. E-Vapes bekommt man an fast jedem Kiosk und in den vielfältigsten Sorten – das haben sie wohl nicht umsonst mit überzuckerten Snacks gemeinsam. Es drängt sich unweigerlich der Gedanke auf, dass sich das Marketing mit Aromen wie Zuckerwatte, Mango-Litschi oder Vanille gezielt an den Interessen Jugendlicher orientiert. Mitunter werden die Produkte sogar in Süßigkeitenautomaten unweit von Schulen angeboten. Influencerinnen und Influencer, die den Konsum vorleben, tun ihr Übriges (mehr dazu auf Seite 6 in dieser Ausgabe). Wirksamer Jugendschutz sieht jedenfalls anders aus.

Mittlerweile nehmen E-Zigaretten bei Minderjährigen Platz 1 der verwendeten nikotinhaltigen Produkte ein. Einer Befragung aus dem Jahr 2024 zufolge haben 37,5 % der 14- bis 17-Jährigen bereits Erfahrungen damit gemacht. Sogar unter den 9- bis 13-Jährigen gab dies noch jedes achte Kind an. Der Nikotingehalt der Liquids ist oft ungeahnt hoch. Perfekte Voraussetzungen also, um das Suchtgedächtnis früh zu prägen. Für junge Konsumentinnen und Konsumenten liegt das Risiko, später zu „echten“ Zigaretten zu greifen, bis zu dreimal höher.

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin fordert nun folgerichtig ein bundesweites Verbot von Einweg-E-Zigaretten, wie es in Frankreich und Belgien bereits erlassen wurde. Ob sie sich gegen die finanzstarke Tabaklobby und die Steuerinteressen des Bundes durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Es wird jedenfalls höchste Zeit, das Dampfen Jugendlicher so zu problematisieren, als würden sie sich in aller Öffentlichkeit einen Glimmstängel anstecken.