Ein Tief mit Frauennamen
Ich bin ein alter Sack und stehe somit qua Geburt und Geschlecht bestimmt nicht im Verdacht, in der Vergangenheit feministische Demonstrationen stets mit Wohlwollen begleitet zu haben. Und ich zähle auch nicht zu den Abonnenten von Alice Schwarzers „Emma“. Was ich jedoch anlässlich des Weltfrauentags Anfang März gelesen habe, ärgert mich schon gewaltig.
Einer Erhebung des Deutschen Ärztinnenbundes zufolge sind Frauen in Führungspositionen im Gesundheitswesen nämlich weiterhin unterrepräsentiert. Während der Frauenanteil im Studium je nach Fakultät bei bis zu siebzig Prozent liege, betrage der Anteil der Oberärztinnen in den Universitätskliniken nur etwa dreißig Prozent. Chefärztinnen an Unikliniken gebe es sogar lediglich rund zehn Prozent.
In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Müssen Frauen, um gleich gut beurteilt zu werden, hierzulande nach wie vor deutlich mehr leisten als ihre männlichen Kollegen? Es scheint so, denn entsprechende Untersuchungen in verschiedenen Bundesländern fördern stets ähnliche Ergebnisse zu Tage.
Die Ursache für die Unterrepräsentanz von Frauen in universitären Spitzenpositionen sieht die Greifswalder Gleichstellungsbeauftragte Ruth Terodde in den „brutalen Mechanismen“ des Wissenschaftssystems. Nach der Promotion müssten sich Wissenschaftler mit Veröffentlichungen für eine Professur empfehlen. Das sei zugleich die Phase, in denen die Frauen über einen Kinderwunsch entscheiden: „Es bedarf eines hohen Kraftaufwandes und enormer Disziplin, um dann als Frau am Ball zu bleiben.“
Dass Frauen schwanger werden und Kinder kriegen können, ist meines Wissens allerdings so neu nicht. Was also tut die Politik, um Frauen den diesbezüglichen Weg in eine ihrer Qualifikation angemessene Karriere zu erleichtern? Mit dem im Januar vorgestellten neuen Frauennetzwerk „Women in Global Health – Germany“ allein wird es nicht getan sein, da muss schon mehr passieren. Eine lohnende Aufgabe auch für den neuen Gesundheitsminister? Als Patient würde mir eine hochqualifizierte Medizinerin jedenfalls weit mehr Vertrauen einflößen als ein über Männer-Seilschaften nach oben gehievter Arzt!
In der Pharmaforschung übrigens sieht es diesbezüglich wesentlich besser aus: Dort beträgt – so der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller – der Frauenanteil 44 Prozent. Von den 42 Mitgliedsunternehmen des Verbands werden immerhin elf und damit mehr als ein Viertel von einer Frau geführt – als Vorstandsvorsitzende, CEO oder bei Unternehmen mit ausländischem Hauptsitz als Geschäftsführerin Deutschland. Geht doch!
Wäre ja noch schöner, wenn das Regenwetter immer Karl oder Fritz hieße …
PS: Nicht alles, was in diesen Tagen von Frauen gefordert wird, ist von ähnlicher Tragweite. Und so begrüße ich jenes aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs, dass Frauen in Formularen auch künftig nicht in weiblicher Form angesprochen werden müssen. Die Klägerin Marlies Krämer (80) hatte sich von männlichen Formulierungen wie „Kunde“ oder „Kontoinhaber“ nicht angesprochen gefühlt und auf die Anrede „Kundin“ oder „Kontoinhaberin“ gepocht. Marlies Krämer übrigens haben wir bereits zu verdanken, dass die meteorologischen Hochs seit einiger Zeit im jährlichen Wechsel Männer- und Frauennamen tragen. Wäre ja noch schöner, wenn das Regenwetter immer Karl oder Fritz hieße …