Patientenversorgung Ende des ÄZQ – quo vadis Versorgungsqualität?
Die Daseinsberechtigung des ÄZQ ist in keiner Weise infrage zu stellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer sowie der Bundesgesundheitsminister rütteln mit dieser Maßnahme an den Grundfesten der unabhängigen Qualitätssicherung des deutschen Gesundheitssystems“, bewertet DDG Präsident Professor Dr. Andreas Fritsche die aktuelle Lage. Durch Erstellung und Aktualisierung von Nationalen VersorgungsLeitlinien (NVL), aber auch durch die Möglichkeiten evidenzbasierter Patientenaufklärung sei das ÄZQ unverzichtbar. „Solange noch nicht klar ist, wer diese wichtige Rolle übernehmen soll, müssen wir um die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten bangen“, so Prof. Fritsche.
Soll das BIPAM bisherige Aufgaben des ÄZQ übernehmen?
Auch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist von der Entwicklung überrascht und sieht ebenfalls eine große Gefahr für die Versorgungsqualität und die zukünftige Entwicklung einer unabhängigen evidenzbasierten Leitlinienerstellung, an der sich am Beispiel NVL Typ-2-Diabetes 34 Fachgesellschaften, Verbände und Patientenorganisationen beteiligen.
Vermutet wird, dass einige der Aufgaben des ÄZQ, wie die Neu- und Weiterentwicklung der NVL, das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach neu geplante Bundesinstitut für „Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) oder ein anderes dem Robert Koch-Institut unterstelltes Organ übernehmen soll. „Einer staatlich gelenkten Institution fehlt jedoch die politische Unabhängigkeit, die sie haben muss, um wissenschaftliche, evidenzbasierte und nicht eminenzbasierte Entscheidungshilfen auszusprechen“, gibt Fritsche zu bedenken.
Das ÄZQ ist eine gemeinsame Einrichtung (GbR) von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung und damit politisch unabhängig. Die Mitarbeiter*innen des ÄZQ, die seit vielen Jahren das NVL-Programm methodisch-wissenschaftlich extrem professionell begleiten und koordinieren, werden durch Auflösung des ÄZQ der weiteren Arbeit an evidenzbasierten VersorgungsLeitlinien verloren gehen und seien nur schwer zu ersetzen.
Kurz zusammengefasst – Fakten zum ÄZQ und zur Schließung des Instituts
- Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) ist ein wissenschaftliches Institut, gemeinsam getragen von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Das Institut soll nach Verlautbarung von BÄK und KBV zum 31. Dezember 2024 aufgelöst werden.
- Ohne die Arbeit des ÄZQ drohe eine Verschlechterung der Patientensicherheit und der Versorgungsqualität, so die DDG. Denn eine wichtige Aufgabe des ÄZQ sei es, die Versorgungsqualität und das Versorgungsmanagement im Gesundheitswesen zu überwachen und zu unterstützen – und ganz konkret Nationale VersorgungsLeitlinien wie die für Typ-2-Diabetes zu erstellen.
- Die DDG fordert daher, die Aufgaben des ÄZQ rasch an eine kompetente Stelle zu geben, die nicht staatlich gelenkt werden dürfe, sondern politisch unabhängig agieren müsse.
Diese strukturellen und personellen Voraussetzungen müsse auch ein neues Institut aufweisen. „Wenn die Nationalen VersorgungsLeitlinien unter der Ägide des Bundesgesundheitsministeriums entwickelt werden sollen, wäre dies eine Verstaatlichung der Medizin, was deren wissenschaftliche Unabhängigkeit konterkariert“, befürchtet Prof. Fritsche. Auch eine einseitige Auslagerung an die KBV, was ebenfalls im Raum stehe, sei nicht zielführend und könne einen erheblichen ökonomisch fokussierten Interessenkonflikt zwischen Ärzteschaft und Kassen hervorrufen.
Fragt man beim BMG bezüglich des ÄZQ nach, erhält man vom Ministerium in schriftlicher Form folgende Antwort: „Hier prüft das BMG grundsätzlich im Rahmen seiner Aufsichtspflichten bei Beteiligungen der Selbstverwaltungskörperschaften an Einrichtungen lediglich, ob die Körperschaften sich insoweit im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenerfüllung bewegen und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einhalten. Die KBV hat dem BMG am 11. April 2024 schriftlich mitgeteilt, dass sie ihre Beteiligung am Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) zum 31. Dezember 2024 im Rahmen der Auflösung der Gesellschaft beenden wird.“
DDG fordert eine unabhängige Instanz als Ersatz für das ÄZQ
Die DDG fordert, schnellstmöglich eine unabhängige Instanz zu schaffen, die den bisherigen Zielen des ÄZQ gerecht wird. „Das Aus für die Erstellung und Aktualisierung der NVL wäre ein erheblicher Rückschlag für die Patientensicherheit und die Versorgungsqualität in Deutschland“, so Professor Dr. Monika Kellerer, Leitlinienkoordinatorin der DDG. Professor Dr. Rüdiger Landgraf, der seit Beginn des NVL-Programms maßgeblich an der Entwicklung und Implementierung der NVL Diabetes beteiligt war, ergänzt: „Gesprochen für die Diabetologie wäre das verheerend und würde die jahrzehntelange Arbeit der DDG, evidenzbasierte Medizin an die Menschen zu bringen, zunichtemachen.“