Föderales Eisessen
Noch vor kurzem gingen Bilder durch die Republik, auf denen Menschen aus Bayern vor Baumärkten in Hessen Schlange standen. Im einen Bundesland durften nur Gewebetreibende in die Läden, im anderen alle. Und da in Zeiten von Corona das ungehemmte Werkeln im eigenen Haus und Hof hoch im Kurs steht, musste man eben zu nicht touristischen Zwecken über die Landesgrenze.
Nun sind die Baumärkte in vielen Bundesländern wieder offen, doch schon kam das nächste Thema auf: Eisdielen. Hatte zum Beispiel Baden-Württemberg am 17. April noch verkündet, ab 20. April dürften Eisdielen öffnen, entschloss sich das Land in der darauffolgenden Nacht (!), sie doch geschlossen zu lassen. Der Außer-Haus-Verkauf ist jedoch erlaubt. (Über die Bezeichnung „geschlossener Betrieb“, der gleichzeitig etwas verkauft, darf man sich schon lange nicht mehr wundern).
In Hessen haben Schleckmäuler ebenfalls wieder gute Karten. Die Cafés dürfen ihr Eis sowohl ausliefern als auch an der Theke verkaufen. Aber es gibt eine Reihe von Anweisungen: keine Sitzgelegenheiten anbieten, die Ware nur in „nicht essbaren Behältern“, sprich Bechern statt Waffeln, rausgeben. Und zum Verzehr müssen sich die Kunden mindestens 50 Meter vom Laden wegbewegen.
Niedersachsen hat grundsätzlich die gleichen Vorgaben, präzisiert aber zur Abstandsregel noch mehr: „Bei der Anwendung der Verordnung darf insofern pragmatisch vorgegangen werden, als durch erstes rasches Lecken an einer Eiskugel während des zügigen Sichentfernens von der Eisdiele ein Heruntertropfen des Eises auf Kleidung oder Fußboden verhindert werden darf.“ Rheinland-Pfälzer naschen auch endlich wieder OTC Gefrorenes (zum Prozedere lassen sich keine Ansagen finden), und Menschen in Nordrhein-Westfalen schert das alles wenig, sie konnten schon die ganze Zeit Eis essen.
Fazit: Der real existierende Föderalismus hält die Leute auf Trab und man darf gespannt sein, auf was die nächste Jagd eröffnet wird.
Dr. Anja Braunwarth
Redakteurin Medizin