In eigener Sache
Es sind zwei Paar Schuhe, den Betrieb einer Arztpraxis oder den einer Redaktion aufrechtzuerhalten. Sie tragen eine enorme Verantwortung für Ihre Patienten und Mitarbeiter, müssen Schutzkleidung organisieren und persönlich Risiken in Kauf nehmen. Dagegen erscheint es uns trivial, eine Redaktion zu organisieren. Gleichwohl möchte ich einen Einblick geben, wie die Medical Tribune in Zeiten von Corona entsteht. Auch jetzt möchten wir Ihnen verlässlich und aktuell aus der Medizin und Gesundheitspolitik berichten. Diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst, freilich ohne unsere Rolle zu überschätzen.
Wir ringen darum, Ihnen so viele „normale“ Themen wie möglich zu bieten. Momentan dominiert das eine Thema und wir könnten ganze Ausgaben damit füllen. Kaum eine (digitale) Pressekonferenz aus der Gesundheitspolitik ohne Corona, die internationale Literatur quillt über vor SARS-CoV-2 und in beinahe jeder Pressemitteilung wird versucht, einen Bezug zu Corona herzustellen. Unsere Kolumnen drehen sich weitgehend um COVID-19. Und auch die Medical Tribune hat einen Corona-Newsletter gestartet – mit traumhaften Öffnungsraten. Unter den 25 online bei uns am häufigsten gelesenen Texten waren in der letzten Zeit nur wenige Artikel ohne COVID-19 (darunter einer zur Leichenschau).
Seit Mitte März sind die meisten Mitarbeiter im Homeoffice. Am Verlagsstandort in Wiesbaden arbeitet nur eine Rumpfbesetzung. Das gilt für Layout, Anzeigenverkauf, Vertrieb, Fortbildungsabteilung und Redaktion. Doch ein Shutdown war dies nie. Über all die Küchen, Wohnzimmer, Balkone und Arbeitszimmer verteilt füllen wir Tag für Tag Zeitungen, Homepage und Newsletter. Die Bilanz nach sieben Wochen ist überwiegend positiv: Themenkonferenzen und Besprechungen per Video, Chat und Telefon machen eine intensive Abstimmung möglich. Die Krise hat auch bei uns die Digitalisierung beschleunigt.
Die Schattenseiten sind offensichtlich. Abgesagte Veranstaltungen erschweren die redaktionelle Arbeit. Noch gibt es nicht für alles eine gleichwertige Alternative. Fehlende Frühjahrstagungen reißen eine deutliche Lücke in die Berichterstattung und so manche Recherche leidet unter den Einschränkungen. Mit Spannung erwarten wir die ersten großen digitalen Kongresse, von denen wir berichten können.
Ihnen wünsche ich, dass Sie die Kraft haben, diese Phase nervlich und wirtschaftlich gesund zu überstehen. Bitte schreiben Sie uns, falls Sie Anregungen, Kritik oder konkrete Vorschläge für Berichte haben.
Jochen Schlabing
Gesamtredaktionsleiter