Gefährden Rabattverträge die Lieferfähigkeit?
Es sei eines Landes wie Deutschland unwürdig, dass wichtige Arzneien, wie z.B. Antidepressiva, nicht zu bekommen seien, schreibt die KV in einer Pressemitteilung zu einer Resolution der Vertreterversammlung. Die Politik solle kurzfristig dafür sorgen, „dass notwendige Medikamente ... lückenlos zur Verfügung stehen“, heißt es darin. Erste Vorarbeiten in der Unionsfraktion gibt es dazu bereits (MT berichtete). Auch die Rabattverträge der GKV könnten auf den Prüfstand kommen. Der Ersatzkassenverband vdek und der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ringen bereits um die Deutungshoheit und denkbare Neuregelungen.
Die Ersatzkassen begrüßen den Vorschlag, eine nationale Arzneireserve aufzubauen und die Meldepflichten zu verschärfen. „Der Vorschlag, alle Krankenkassen gemeinsam und einheitlich zu regionalen Ausschreibungen zu verpflichten, ist jedoch kontraproduktiv“, erklärt vdek-Vorstandschefin Ulrike Elsner per Presseinfo. Das würde die Liefervielfalt reduzieren und die Versorgungssicherheit verringern.
Der Kassenverband rechnet vor, dass Lieferengpässe, die von den Herstellern mit Produktionsproblemen begründet wurden, nur wenig mit Rabattverträgen zu tun hätten: Bei 529 Arzneimitteln gab es laut einer Übersicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zuletzt Lieferengpässe. Rechnet man alle Produkte heraus, die mittlerweile wieder lieferbar sind, die auf den Valsartan-Rückruf zurückgehen oder die in anderen Packungsgrößen bzw. von einem anderen Hersteller erhältlich sind, bleiben 89 fehlende Wirkstoffe. Von denen seien nur 20 mit einem Rabattvertrag verknüpft. „Tatsächlich helfen die Rabattverträge der Kassen, Lieferengpässe zu verhindern“, meint Elsner. Denn nach einer gewonnenen Ausschreibung hätten die Hersteller eine bessere Planbarkeit.
Der vdek irrt, widerspricht Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des BPI, in einer Pressemitteilung. Seit 2007 sei im rabattvertragsgeregelten Markt eine Konzentration eingetreten, „die die Arzneimittelversorgung massiv beeinträchtigt“. Es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Abhängigkeit vom Weltmarkt vermindern.
Der BPI-Hauptgeschäftsführer schlägt vor: „Es sollte grundsätzlich erst Ausschreibungen geben, wenn mindestens vier Anbieter im Markt sind und wenn die Krankenkassen an mindestens drei Anbieter Zuschläge erteilen müssen, von denen mindestens einer den Standort seiner Produktion in der Europäischen Union nachweisen muss.“
Medical-Tribune-Bericht