Heilpraktiker – Schluss mit Hokuspokus!
Heilpraktiker müssten ihre Grenzen selbst einschätzen und bei Erreichen an den Facharzt übergeben, so der Gesetzgeber. Qua welcher Kompetenz? Ungläubige wagen zu bezweifeln, dass ein "Heiler" zwischen einem akuten Abdomen und einer Flatulenz zu unterscheiden vermag.
Das Heilpraktiker-Know-how strotzt vor Irrationalitäten, verschwörungstheoretischem Wissen und Esoterik, was sich herrlich im Curriculum der "Ausbildung" abbildet. Unlängst erst hat sich die Medical Tribune dieses Themas zum wiederholten Male angenommen. Der "Heilpraktiker darf alles, was nicht verboten ist", heißt es da, "es gibt keine Leistungskontrolle, die eine Qualifikation feststellt!"
"Das Heilpraktiker Know-How strotzt vor Irrationalitäten"
Kennen Sie ihn auch, jenen Krebspatienten, dessen Erkrankung durch den Einsatz des Pendels geheilt werden sollte? Was passiert eigentlich, sollte eine Behandlung zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden führen? Das Patientengesetz schützt den Unglücklichen in dieser bemitleidenswerten Lage nicht wirklich vor den Medizinmännern ohne naturwissenschaftlich-fachmedizini-sche Kompetenz.
Und haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum man in unserer entwickelten industrialisierten Gesellschaft und angesichts umfassender Versorgung mit sämtlichen ärztlichen Leistungen "Heiler" und Medizinmänner ohne gescheite Ausbildung braucht? In entlegenen Regionen, die von der Zivilisation abgeschnitten sind oder in Gesellschaften, die von Hunger und Ungleichheit geprägt werden, in der medizinische Dienstleistungen für viele Bevölkerungsschichten unerschwinglich sind, mögen tradierte naturkundliche Riten eine Funktion haben. Aber im Deutschland des Jahres 2016?
Und WER entscheidet sich angesichts der Herausforderungen der modernen Medizin heute noch dafür, "Heiler" zu werden? Kommen Ihnen jetzt vielleicht dieselben Assoziationen wie mir in den Sinn …? Es ist höchste Zeit, dass den mit derart dubiosen Methoden operierenden Scharlatanen das Handwerk gelegt wird! Das Heilpraktiker-Gesetz in seiner derzeit gültigen Form stammt aus dem Jahr 1939 (!).
Demnach dürfen sich Personen, die mindestens 25 Jahre alt sind, eine sogenannte "Kenntnisprüfung" abgelegt haben und mindestens einen Hauptschulabschluss vorweisen können, als Heilpraktiker niederlassen. Die Bundesregierung prüft denn auch derzeit schärfere Zulassungsvoraussetzungen für Heilpraktiker.
"Es ist höchste Zeit, Scharlatanen das Handwerk zu legen"
Die Heilpraktiker-Verbände müssen in diesen Reformprozess eingebunden werden. Am Ende des Tages sollten hochwertige und einheitliche Standards der Ausbildung und Zulassung auf dem Tisch liegen. Die Bundesländer sind ebenfalls gefordert: An Melde- und Dokumentationspflichten für Heilpraktiker führt künftig kein Weg vorbei.
Bleibt zu hoffen, dass die Parlamentarier die Notwendigkeit zur Reformierung des Gesetzes ähnlich dringend bewerten. Skepsis scheint angebracht, denn im Jahr vor der nächsten Wahl erlahmt oft die Bereitschaft der Politiker, allzu heiße Eisen noch in der alten Legislaturperiode anzupacken. Weiteres Schieben auf die berühmte lange Bank darf es jedoch nicht geben – den achtzigsten Geburtstag darf das Gesetz nicht erleben!
Die Grabenkämpfe zwischen Schulmedizin einerseits und Naturheilkunde andererseits begleiten uns seit vielen Jahrzehnten. Unbestritten ist selbst bei Hardlinern aus beiden sich oft unversöhnlich gegenüberstehenden Lagern, dass eine Kombination beider Therapieansätze durchaus zum Wohle des Patienten sein kann. Nicht von ungefähr haben denn auch viele niedergelassene Ärzte längst eine Zusatzqualifikation für naturheilkundliche Verfahren erworben.
Aber: Wer per Handauflegen Schwingungen produzieren will oder wie ein einst von den "Göttern" gelenkter Medizinmann mit fahrlässigen Methoden die Gesundheit und das Leben der Patienten aufs Spiel setzt, ist eine Gefahr für die Allgemeinheit und soll doch lieber in irgendwelchen esoterischen Schamanismus-Zentren den Mond anheulen, gerne auch zu Klangschalen-Musik...