Humanmedizin: länger warten als studieren
Medizin ist als Studienfach nach wie vor sehr beliebt. Und auch wer kein Einser-Abitur hat, kann über Wartesemester an seinen Traum-Studienplatz gelangen. Die Stiftung für Hochschulzulassung vergibt auf diesem Wege rund 20 % der Studienplätze. Neben dem Notendurchschnitt spielen hier auch Faktoren wie das Ableisten von besonderen Diensten, z.B. Zivildienst oder ein freiwilliges soziales Jahr, eine Rolle.
Doch die Bewerber müssen sehr viel Geduld aufbringen. Denn bis zu sieben Jahre kann es dauern, ehe ein Abiturient mit dem Studium loslegen kann. Zum Vergleich: Im Wintersemester 2009/2010 betrug die Wartezeit "lediglich" zehn Semester.
Einem jungen Mann aus Münster, der sich jahrelang erfolglos um einen Studienplatz bemüht hatte, dauerte das zu lange. Er zog vor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und bekam im März vergangenen Jahres recht. Überlange Wartezeiten, die die Dauer eines normalen Studiums überschreiten, schränken nach Auffassung der Richter die freie Berufswahl ein und lassen sich nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbaren.
Studienplatz einklagen kostet bis zu 20 000 Euro
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe prüft nun, ob und inwieweit das Hochschulrahmengesetz geändert werden muss (Az.: 1 BvL 3/14 und 1 BvL 4/14). Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1977 Wartezeiten von sechs Jahren und mehr als verfassungswidrig eingestuft und ein verbessertes Auswahlverfahren eingefordert. Eine Entscheidung soll noch in diesem Jahr fallen.
"Sollten die Karlsruher Richter dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen folgen, heißt das aber nicht, dass sich hieraus automatisch ein Zulassungsanspruch von Studienplatzbewerbern mit 14 Wartesemestern ergibt", erklärt der auf Hochschulzulassungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Wolfgang
Zimmerling, Saarbrücken. Gleichwohl stünde den Bewerbern weiterhin der Klageweg offen. Bei einer Verfahrensdauer von ein bis zwei Jahren betrügen die Kosten zwischen 15 000 und 20 000 Euro.
Alternative: im Ausland das Studium aufnehmen
"Wem das zu aufwendig oder unsicher ist, der kann es natürlich auch im Ausland versuchen, zum Beispiel in der Schweiz oder Österreich, Ungarn, Lettland, Litauen, Tschechien oder der Slowakei", so Dr. Zimmerling. Inzwischen gebe es zahlreiche Universitäten, an denen man nach der deutschen Hochschulordnung Humanmedizin studieren und somit seine Chancen auf einen Studienplatz im höheren Fachsemester mit anrechenbaren Studienleistungen verbessern kann.
Quelle: Medical-Tribune-Recherche