Kolumne Interessiert sich irgendwer für uns?
Vor einigen Wochen habe ich das offizielle Ende meiner hausärztlichen Tätigkeit verkündet. Und obwohl ich nicht mal als Niedergelassene den Beruf verlasse, sondern nur als Angestellte, waren die Resonanz und das mediale Interesse groß. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich über Jahre hinweg immer wieder meine Liebe für diesen Beruf über soziale Medien, ein Buch und meinen Blog kundgetan habe und immer mal wieder auch in den klassischen Medien auftauchte. Dass nun eine leidenschaftliche Landärztin den Kittel an den Nagel hängt, traf auf rege Zustimmung. Von vielen Seiten bekam ich Nachrichten von Kolleginnen und Kollegen, die alle den gleichen Tenor hatten: „Du hast so recht!“, „Ich wünschte, ich hätte einen Plan B.“, „Wenn ich nicht so verschuldet wäre, würde ich meine Praxis auch aufgeben.“
Aber es schrieben auch einige wenige: „Wenn man eine Praxis gut führt, gutes Personal hat und sich mit IT auskennt, dann kann man gut davon leben.“ Das sind einige „Wenns“. Für meine persönliche Situation waren es zu viele.
Nun dachte ich, dass ich eventuell durch die wenigstens regionale mediale Aufmerksamkeit das Interesse an der Notlage der Niedergelassenen wecken könnte. Denn selbst wenn ich als Angestellte dankenswerterweise in der sozialen Hängematte meiner Vorgesetzten lag, habe ich die gesamte Bandbreite der Probleme mitbekommen. Man kann auch als Angestellte mit ganzem Herzen bei der Arbeit sein.
Ich hoffte also, dass sich mal irgendwer dafür interessiert, unter welchen Problemen Niedergelassene leiden, wie allein gelassen sie teilweise sind. Unter welchem Kosten- und Personaldruck sie stehen und wie die Situation aggravieren wird, falls die geplanten Reformen noch umgesetzt werden. Denn das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz beinhaltet ja eine Öffnung unterversorgter Landstriche für die fachärztliche ambulante Versorgung an Krankenhäusern. Klingt erst mal prima, aber deren Leistungen sollen aus dem Topf der Niedergelassenen bezahlt werden. Mit der Konsequenz, dass niedergelassene Fachärzte weniger Geld zur Verfügung haben.
Dann wäre da noch das Notfallversorgungsgesetz, das integrierte Notfallzentren schaffen soll, um einen 24/7-Zugang zur Medizin anzubieten. Auch das klingt erst mal toll für Patientinnen und Patienten, aber geschultert werden soll das mal wieder, wen überrascht es, von Kassenärztinnen und -ärzten. Diese müssen bei ihrem Notdienst also die eigene Praxis schließen und Notfallzentrumsdienst schieben.
Und nun? Nun ist die Ampel Geschichte und Neuwahlen stehen an. Zur geplanten Entbudgetierung erklärte Lauterbach am 8. November: „Wir müssen uns erst mal sammeln und darüber sprechen, was umsetzbar ist.“ Die Krankenhausreform soll laut Gesundheitsminister Lauterbach noch kommen, ob das klappt ist aber offen.
Das zeigt doch deutlich: Wir sind nicht wichtig genug. Die gesamte niedergelassene Ärzteschaft inklusive Personal ächzt unter der Last und den Arbeitsbedingungen, doch das juckt erst mal nicht. Noch funktioniert es ja. Noch sind Praxen geöffnet, noch werden die vielen wartenden Patientinnen und Patienten alle behandelt, noch hält sich der Zorn über lange Wartezeiten und mangelnde Versorgung in Grenzen. Und noch verhallt es nach wenigen Tagen, wenn begeisterte Ärztinnen und Ärzte ihren Job aufgeben. Womöglich ist der Druck auf die Politik noch nicht groß genug, aber wir wurden ja auch zu Altruismus, Leidensfähigkeit und Demut erzogen. Dass eine neue Regierung uns mehr Gehör schenkt, wage ich zu bezweifeln.