Internethändler darf die Zuzahlung für medizinische Hilfsmittel übernehmen
Der Beklagte, ein Internet-Versandhandel für medizinische Hilfsmittel insbesondere zur Behandlung von Diabetes, hatte 2013 auf seiner Internetseite geworben: "Zuzahlung bezahlen Sie übrigens bei uns nicht, das übernehmen wir für Sie!"
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs nahm daraufhin den Händler auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Sie war davon überzeugt, dass dieses werbliche Versprechen wettbewerbswidrig ist: Es verstoße gegen die gesetzlichen Regelungen zur Zuzahlung und gegen das Verbot von Werbegaben.
Ein Unterschied zwischen Hilfs- und Arzneimitteln
Das sah der Bundesgerichtshof nicht so. In dritter Instanz urteilte er, dass Versender von Hilfsmitteln für Diabetiker auf die gesetzliche Zuzahlung verzichten dürfen. Die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen dienten der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem Schutz der dort tätigen Mitbewerber. Die Einhaltung dieser Regeln könne daher von vornherein nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt werden.
Auch ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbeverbot sahen die Richter nicht. Verwiesen wird darauf, dass gemäß Fünftem Sozialgesetzbuch bei Hilfsmitteln der Verkäufer und nicht – wie etwa bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln – die Krankenkasse Inhaber der Zuzahlungsforderung gegen die Versicherten ist. Der Verkäufer der Hilfsmittel könne über die Zuzahlungsforderung frei verfügen, also darauf auch verzichten.
Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale "ist damit zumindest rechtlich eine seit vielen Jahren diskutierte Frage geklärt". Nun sei der Gesetzgeber gefordert: "Wenn er die Zuzahlungsregeln als Steuerungsinstrument erhalten möchte, so muss er das in den entsprechenden Normen deutlich machen und ggf. auch Sanktionen für Verstöße vorsehen."
Quelle: BGH-Urteil vom 1. Dezember 2016; Az.: I ZR 143/15 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln