Heil- und Hilfsmittelgesetz: Grüne sind unzufrieden mit der Umsetzung
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen macht in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung auf Missstände in der Heilmittelversorgung aufmerksam. Die Oppositionspolitiker verweisen auf eine Anfrage an die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe vom Januar 2018. Deren Antwort zeigte eine weiterhin bestehende große Unzufriedenheit mit der Heil- und Hilfsmittelversorgung. Offenbar sparen die Kassen über Ausschreibungen nach wie vor an der Qualität, z.B. bei Inkontinenzwindeln, obwohl auch dieses Vorgehen Anlass für das Gesetz war.
Die Grünen wollten deshalb von der Regierung wissen, wie sie die Auswirkungen des 2017 beschlossenen Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) beurteilt. Diese verweist allerdings mehrfach darauf, dass die Umsetzung erst angelaufen sei.
GKV-Spitzenverband legt Ende Juni ersten Bericht vor
Das HHVG sieht u.a. das Fortschreiben des Hilfsmittelverzeichnisses vor. Bis Ende 2018 sollen sämtliche Produktgruppen, die seit dem 30. Juni 2015 nicht mehr grundlegend aktualisiert wurden, systematisch überprüft werden. Wie aus der Antwort hervorgeht, wurden bisher 16 von 37 Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses fortgeschrieben. Weitere sieben Produktgruppen befanden sich zum Stichtag (28. Februar) im Stellungnahmeverfahren. Das Fortschreiben der übrigen Produktgruppen habe der GKV-Spitzenverband für den weiteren Jahresverlauf angekündigt.
Zudem prüfe das Gesundheitsministerium noch die im Februar übermittelte Verfahrensordnung zur Überarbeitung des Hilfsmittelverzeichnisses zwecks Genehmigung.
Konkrete Aussagen bleibt die Regierung eher schuldig. „Detaillierte Daten zur Höhe von Aufzahlungen und ihrer Verteilung auf die verschiedenen Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses liegen der Bundesregierung nicht vor“, heißt es beispielsweise oder auch: „Die Krankenkassen sind nicht dazu verpflichtet, das BMG oder die zuständige Aufsichtsbehörde über Ausschreibungen im Hilfsmittelbereich zu informieren.“
Der Bundesregierung lägen auch zu Beanstandungen über die Qualität und Quantität von Hilfsmittelleistungen – insbesondere bei Verbrauchsmaterialien wie Inkontinenzhilfen und Stoma-Artikeln – keine konkreten Erkenntnisse vor, heißt es. Zu den konkretisierten Beratungspflichten der Leistungserbringer bezüglich Zahl und Höhe von Mehrkostenvereinbarungen lasse sich noch nichts sagen.
Der GKV-Spitzenverband habe erstmals zum 30. Juni 2018 und danach jährlich einen nach Produktgruppen differenzierten Bericht über die Entwicklung der Mehrkostenvereinbarungen für Hilfsmittel zu veröffentlichen. Darin sei auch über die durchschnittliche Höhe der Aufzahlungen zu informieren.
Die Frage, ob das Bundesversicherungsamt (BVA) seinen Aufgaben als Aufsichtsbehörde bei Hilfsmittelausschreibungen wirksam nachkommt, bejaht die Bundesregierung. Dabei zog sogar das Amt selbst im April den Schluss: „Die Aufsichtsmittel des Bundesversicherungsamtes sind nicht effektiv genug, um Rechtsverstößen der Krankenkassen zeitnah zu begegnen.“ Eine Ausweitung der Aufsichtsmittel auf das Vertragsgeschäft der Krankenkassen insgesamt wäre wünschenswert.
In Ausschreibungen ist weiterhin der Preis heiß
Es stelle sich die Frage, so heißt es im BVA-Sonderbericht, ob das gesetzgeberische Ziel einer Steigerung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung sich erfülle. In den Ausschreibungen werde als Zuschlagskriterium bis zu 90 % der Preis definiert. Laut HHVG dürfe jedoch die Gewichtung der Zuschlagskriterien, die nicht den Preis oder die Kosten betreffen, 50 % nicht unterschreiten.
Fazit der Grünen-Abgeordneten Maria Klein-Schmeink: „Wie die Antworten der Bundesregierung auf unsere aktuelle Kleine Anfrage zum Thema zeigen, bleibt die Qualität der Hilfsmittelversorgung auch mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des HHVG teils mangelhaft.“ An ihrem Ziel, Qualität zum Maßstab der Hilfsmittelversorgung zu machen, sei die Regierung bislang gescheitert.