4,6 Millionen Pillen beschlagnahmt Konzertierte EU-Aktionen gegen Anbieter gefälschter Arzneimittel

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Das EU-Sicherheitslogo (mit Landesflagge) ist Pflicht für alle Versandapotheken. Das EU-Sicherheitslogo (mit Landesflagge) ist Pflicht für alle Versandapotheken. © Europäische Union

Medikamente sind vielfach teuer und nicht alles, was sich Konsumenten wünschen, wird ihnen ärztlich verordnet. Folglich boomt seit Jahren der illegale Handel mit bestimmten Produkten. Aber auch die Gegenmaßnahmen nehmen zu.

„Kaufen Sie keine gefälschten Medikamente. Unterstützen Sie nicht die organisierte Kriminalität und schaden Sie sich nicht selbst durch den Kauf gefälschter Medikamente.“ Diese Warnung der europäischen Polizeibehörde Europol richtet sich an jene Verbraucherinnen und Verbraucher, die Arzneimittel im Internet kaufen. Gemeint ist nicht der Bezug von Arzneien über offizielle Versandapotheken, sondern der Erwerb von angeblich wirksamen Pillen, Salben oder Lösungen über fragwürdige Anbieter.

418 Personen erwischt, vier Labore abgerissen

Hintergrund der aktuellen Information sind die Maßnahmen der Operation „Shield V“ gegen gefälschte Arzneimittel. Beteiligt sind Strafverfolgungs-, Justiz-, Zoll-, Medizin- und Anti-Doping-Behörden aus 30 Ländern auf drei Kontinenten, darunter das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, das Amt der EU für geistiges Eigentum, die europäische Grenzschutzagentur Frontex, die Welt-Anti-Doping-Agentur, nationale medizinische Agenturen sowie die EMA. Koordiniert werden die Aktivitäten zur Bekämpfung des Handels mit gefälschten Arzneimitteln, Dopingsubstanzen, illegalen Lebens- oder Sportergänzungsmitteln seit 2023 von Interpol. Die Folgen der Shield-V-Maßnahmen im April und November 2024 waren:

  • 418 Personen verhaftet, angeklagt oder strafrechtlich verfolgt
  • 52 organisierte kriminelle Gruppen untersucht
  • vier unterirdische Labore abgerissen
  • Gesamtbeschlagnahmungen im Wert von 11,1 Mio. Euro, darunter: 426.016 Packungen mit illegalen Arzneimitteln, 4.111 Kilogramm Pulver und Rohstoffe, 108 Liter Wirkstoff, rund 175.000 Fläschchen und Ampullen sowie über 4,6 Mio. Tabletten
  • 4.083 Anti-Doping-Kontrollen „innerhalb und außerhalb von Wettkämpfen“

EU-Sicherheitslogo hilft, Händler zu überprüfen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) charakterisiert ein gefälschtes Arzneimittel als eines mit falschen Angaben über die Identität, die Herkunft, über Bestandteile und deren Gehalt. Falsch angegeben sind auch Inhaber der Genehmigung fürs Inverkehrbringen, Inhaber der Zulassung oder der in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebene Vertriebsweg. 

Wer sicher gehen will bezüglich eines zugelassenen Medikaments, sollte sich beim BfArM-Versandhandelsregister informieren. Gelistet sind hier Apotheken und sonstige Händler, die offiziell Humanarzneimittel übers Internet vertreiben dürfen. Jedes EU-Land muss seit 2015 ein solches Register führen und jeder Händler muss auf seinen Webseiten auch das offizielle EU-Sicherheitslogo anzeigen. Über dieses lassen sich in- und ausländische Händler überprüfen. Der Link führt zu Kontaktdaten des Arzneimittelhändlers und der zuständigen Behörde. 

Das Bundeskriminalamt verweist auf Straftatbestände nach dem Arzneimittelgesetz. Diese beziehen sich sowohl auf das Inverkehrbringen und Anwenden von bedenklichen bzw. gefälschten Arzneimitteln, als auch die Abgabe und das Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken. Betroffen sind Human- und seit 2022 auch veterinärmedizinische Arzneien. Es können sich zudem Überschneidungen mit Umwelt-, Verbraucherschutz- und Artenschutzdelikten, z. B. bei Traditioneller Chinesischer Medizin, und zu Produkt- und Markenpiraterie ergeben. 

Medical-Tribune-Bericht