Neue Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen

Gesundheitspolitik Autor: Ruth Bahners

Für die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen zählen künftig nicht mehr Betten, sondern Leistung und Qualität. Für die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen zählen künftig nicht mehr Betten, sondern Leistung und Qualität. © iStock/catinsyrup

Das Bett wird bei der Krankenhausplanung in NRW künftig keine Rolle mehr spielen. Leistung und Qualität rücken als Planungsgrößen in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz könnte auch als Vorbild für die Krankenhausplanung in anderen Bundesländern dienen.

Grundlage für die neue Richtung in der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen ist ein über 900 Seiten starkes Gutachten, das die Kliniklandschaft analysiert. Auf der Basis der Leistungsdaten aller somatischen Krankenhäuser in NRW aus dem Jahr 2017 wurde eine Überversorgung vor allem in den Ballungszentren der Rhein-Ruhr-Schiene dia­gnostiziert. Unterversorgung sieht das Gutachten in ländlichen Regionen vor allem in der Palliativmedizin und Geriatrie.

Knie-Prothetik: In vielen Kliniken fehlt‘s an Routine

Im Kölner/Düsseldorfer Raum fanden die Gutachter z.B. eine „extreme Überversorgung“ mit kardiologischen Leistungen wie der Ablation. 30 Versorger seien in 20 Minuten zu erreichen. Die Kehrseite seien kleine Fallzahlen der einzelnen Versorger, berichtete Dr. Jens Peukert, einer der Autoren der Studie.

Die kleinen Fallzahlen deuten nach Auffassung von Landesgesundheitsminister Karl Josef Laumann (CDU) auf Qualitätsprobleme hin. Beispiel Knie-Prothetik: An 233 Kliniken in NRW würden mehr als 30 000 solcher Operationen durchgeführt. Mehr als die Hälfte der Eingriffe erfolgt in Häusern, wo diese OPs höchstens zweimal in der Woche anfallen. Laumann: „Da kann es keine Routine geben.“

Aber „unser Gutachten will keine Krankenhäuser abschalten“, stellte Laumann klar. Vielmehr werde NRW als erstes Bundesland die Krankenhausplanung auf Fallzahlen und Strukturqualität umstellen. Als Planungsinstrument sollen künftig Leistungsbereiche und -gruppen dienen. Sie sollen die als unspezifisch eingeschätzte Fachgebietsplanung ablösen. Das Gutachten empfiehlt, 25 Leistungsbereiche zu definieren, die in 70 Leistungsgruppen aufgegliedert werden sollten.

Chirurgisches Spektrum wird in Gruppen aufgefächert

Die Fachabteilung Chirurgie z.B. würde dann so nicht mehr geplant, sondern das Spektrum in die Bereiche Vizeralchirurgie und Bewegungsapparat aufgeteilt. Letzterer würde dann aus den Leistungsgruppen Unfallchirurgie, Endoprothetik Hüfte, Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie bestehen. Dieser Planungsansatz werde als „Züricher Modell“ bereits in der Schweiz an-gewendet, so Dr. Peukert.

Die Leistungsbereiche und -gruppen sollen mit Qualitätsindikatoren verknüpft werden. Laumann will zusätzlich zu den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses weitere Mindestmengen und Strukturmerkmale wie technische oder personelle Vorgaben gemeinsam mit dem Landesausschuss Krankenhausplanung definieren. Auch die Erreichbarkeit bleibt für Laumann ein Strukturkriterium. Innerhalb von 30 Minuten soll jeder Bürger im Notfall ein Krankenhaus erreichen können.

Bis Ende 2020 soll der Rahmenplan fertig und bis 2021 verwirklicht sein. Mit nennenswertem Widerstand ist nach den ersten Reaktionen nicht zu rechnen. Die anderen Planungsbeteiligten – Kliniken, Krankenkassen und Ärzte – äußerten sich zufrieden bis beruhigt über die Pläne des Ministers. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach gegenüber der „Rheinischen Post“ von einer „Blaupause für kluge Krankenhausplanung“, die Vorbild für andere Bundesländer sein kann.

Medical-Tribune-Bericht