Zu wenig Brandschutz in deutschen Krankenhäusern?

Gesundheitspolitik Autor: Ruth Bahners

Feuer in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind besonders gefährlich, weil die Patienten sich meist nicht selbst retten können. Feuer in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind besonders gefährlich, weil die Patienten sich meist nicht selbst retten können. © Prot – stock.adobe.com

Sind deutsche Krankenhäuser brandgefährlich? Die Zahl von mehr als 40 Bränden im Jahr gibt Grund zu der Annahme. Patientenschützer meinen, Sprinkler­anlagen könnten mehr Schutz vor Feuer und Rauch bieten.

Um 23.18 Uhr geht am 9. September 2019 der Alarm bei der Feuerwehr in Düsseldorf ein. Im Marienhospital, einem Akut­krankenhaus mit 437 Betten in der Innenstadt, brennt es. Großalarm. Die Berufsfeuerwehren aus Düsseldorf und Umgebung rücken an. Mit drei Drehleitern und 180 Einsatzkräften können 46 Personen evakuiert werden. Nach einer Stunde ist der Brand gelöscht. Er war in einem Patientenzimmer in der zweiten Etage ausgebrochen. Traurige Bilanz: ein Toter und 19 Verletzte, davon vier Schwerverletzte. Positiv konnte vermerkt werden, dass der erst Ende August neu installierte Brandschutz vor allem der Decken gehalten hat.

Brände in Krankenhäusern sind nicht selten. Innerhalb einer Woche nach dem Brand in Düsseldorf brannte es in Kliniken in Bergisch Gladbach, Hamburg und Mannheim. Der Bundesverband Technischer Brandschutz (bvfa) führt seit 2013 eine Statistik über Brände in Krankenhäusern. Danach brannte es in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres schon 37mal mit 79 Verletzten und sieben Toten. Aus dieser Statistik geht auch hervor, dass die Anzahl der Brände Jahr für Jahr steigt, von 40 Bränden im Jahr 2013 bis auf 45 Brände 2018.

Ursache seien technische Defekte, Unachtsamkeit und Brandstiftung. Der Brand im Marienhospital soll im Zimmer eines alten demenzkranken Patienten entstanden sein. Ob er verbotswidrig rauchte, könne nicht mehr festgestellt werden. Er sei nicht in der Lage, Fragen zu beantworten, so die Ermittlungsbehörden.

Feuer in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind besonders gefährlich, weil die Patienten meist nicht in der Lage sind, sich selbst zu retten. Dennoch muss die Rettung schnell gehen, um die Patienten nicht nur vor dem Feuer, sondern auch vor dem Rauch zu retten. Dabei bleibt nach Berechnungen von Sachverständigen nur eine Zeitspanne von drei Minuten, um die Patienten in einen sicheren Bereich zu verlegen. Aber bis zum Eintreffen der Feuerwehr können selbst im Optimalfall 10 bis 14 Minuten vergehen. Auch in Düsseldorf sollen der Tote sowie drei der vier Schwerverletzten Opfer des Rauchs, der durch den Brand entstanden war, sein.

Standard von Möbelhäusern und Lagerhallen erreichen!

Angesichts der aktuellen Ereignisse kommt die Deutsche Stiftung Patientenschutz zu dem Schluss: „Der Brandschutz in den 2000 deutschen Kliniken und 14 500 Pflegeheimen ist schlichtweg nicht ausreichend.“ Ihr Vorsitzender Eugen Brysch kritisiert, dass die bei der Feuerwehr aufgeschalteten Brandmeldeanlagen keinen genügenden Schutz bieten würden. „Es müssen endlich zusätzliche Sprinkleranlagen auf allen Stationen und in jedem Patientenzimmer gesetzlich vorgeschrieben werden.“ So etwas sei für Möbelhäuser und Lagerhallen längst Standard.

Der Bundesverband Technischer Brandschutz plädiert ebenfalls für die Installation von Sprinkleranlagen. Freilich gehören ihm auch die Hersteller dieser Anlagen an. Doch er verweist auf Experten wie die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren. Die AG empfiehlt in ihrer „Richtlinie für Pflege- und Behinderteneinrichtungen“, den Brandschutz so zu gestalten, dass es für die Personenrettung keines Mitwirkens durch die Feuerwehr bedarf. „Da die Feuerwehr für die Rettung von nicht selbstrettungsfähigen Personen aus dem Brandraum auch bei einer Brandfrüherkennung in der Regel zu spät kommt.“ Dazu könnte neben anderen baulichen Maßnahmen auch die Installation von Löschanlagen gehören.

Im Johannes Wesling Klinikum Minden, einem Haus mit 864 Betten und über 4000 Mitarbeitern, wurde nach Angaben des bvfa eine Sprinkleranlage der Technik-Klasse 1 mit 22 554 Sprinklern in den Operationssälen wie auch in Patienten- und Behandlungszimmern installiert. Besondere Vorrichtungen verhindern, dass austretendes Wasser im Ernstfall die bauliche Konstruktion gefährden kann.

Vorgeschrieben sind diese Anlagen indes nicht. Die Richtlinie des zuständigen Wirtschaftsministeriums in Nordrhein-Westfalen verweist lediglich darauf, dass durch den Einbau dieser Anlagen auf andere Maßnahmen verzichtet werden könnte.

Wasser könnte sensibler Medizintechnik schaden

Der Nutzen von selbsttätigen Feuerlöschanlagen wird aber auch bezweifelt. Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen meint dazu, dass die Kliniken sich an die umfangreichen gesetzlichen Vorschriften zum Brandschutz halten. Das werde bei regelmäßigen Begehungen von Bauaufsicht und Feuerwehr überprüft. „Ob Sprinkleranlagen wirklich helfen können, beurteilen Brandschutzexperten sehr skeptisch“, so ein Sprecher.

Hinzu komme, dass diese Anlagen gerade bei der oftmals alten Bausubstanz sehr teuer in der Installation, Wartung und Instandhaltung seien. „Der Einsatz der Sprinkleranlagen darf auch nicht zu technischen Defekten bei sensiblen medizintechnischen Geräten führen, die lebenswichtig für Patienten zum Beispiel auf Intensivstationen sind.“

Auch der Verband der Feuerwehren in NRW gibt Entwarnung. In den Krankenhäusern gebe es in aller Regel einen hohen Brandschutz.

Medical-Tribune-Bericht