"Bösartige Praxis": Honorarrückforderungen wegen gemeinsamer Patienten
Seit 2012 prüft die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) in Form einer Stichprobe Praxisgemeinschaften auf einen unzulässig hohen Anteil von gemeinsam behandelten Patienten. Das verursachte zum Teil Honorarrückforderungen in sechsstelliger Höhe. Betroffene Ärzte haben sich in der Initiative „Pro Arzt“ zusammengeschlossen. Sie werfen der KVWL eine „hochgradig ignorante, zum Teil auch vorsätzlich bösartige Verwaltungspraxis, die auch vor Rechtsbeugung nicht zurückschreckt“ vor.
Diese Vorwürfe weist der KV-Vorsitzende Dr. Wolfgang-Axel Dryden entschieden zurück. Bei der jüngsten Sitzung der Vertreterversammlung in Dortmund stellte er klar: „Die KVWL handelt entsprechend der Gesetzeslage, der Richtlinien, der Rechtsprechung und der Vorgaben, die die Revision durch das Aufsichtsministerium macht.“
Auch die Aufgreifkriterien seien vorgegeben: 20 % Patientenidentitäten bei fachgleich kooperierenden Praxen und 30 % bei fachübergreifenden Kooperationen. In diesen Fällen suche die KV nach entlastenden Sachverhalten wie zum Beispiel echte Vertretungen oder Notfallbehandlungen. Obwohl dazu nicht verpflichtet, versuche die KV auch bei 50 % oder mehr Patientenidentitäten entlastende Gründe zu finden, berichtete Dr. Dryden.
Niemand hat die Absicht, „Praxen zu zerstören“
Lediglich die Art der Prüfung sei den KVen freigestellt. Da der KV-Vorstand die Kollegen nicht „unter Generalverdacht“ stellen wollte, habe er sich für Stichproben-Prüfungen entschlossen. Von dieser 2-%-Prüfung seien alle Praxen erst nach 50 Quartalen erfasst, rechnete Dr. Dryden vor. Das entlaste viele Kollegen. Die Auffälligen würden durch den langen Zeitraum aber „stark belastet“, gestand Dr. Dryden zu. Da es nicht die Absicht der KV sei, „Praxen zu zerstören“, werde versucht, die Schadensregulierung so zu strecken, dass die Belastungen tragbar seien. In jedem zweiten Fall hätte das Verfahren einvernehmlich abgeschlossen werden können.
Oft sind Einsteigerpraxen mit geringen Fallzahlen betroffen
Dr. Dryden musste auch zugestehen, dass kleinere Praxen gegenüber größeren Praxen in einer Praxisgemeinschaft benachteiligt sind, da sie schneller eines der Aufgreifkriterien erreichen als der größere Partner. Davon seien häufig Einsteigerpraxen betroffen, wenn zum Beispiel die neu niedergelassene Kollegin nur vormittags Sprechstunden anbieten würde.
Die Konstellation Einsteigerpraxis mit geringen Fallzahlen und etablierte Praxis mit hoher Scheinzahl mache dem Vorstand „erhebliche Bauchschmerzen“. Dr. Dryden appellierte an seine Kollegen, die neuen Ärzte davor zu warnen, sich auf solche Konstellationen einzulassen.