Coronaimpfung Verfrühtes oder fehlendes Interesse
Die Hausarztpraxen tragen Wesentliches zur Bewältigung der Coronakrise bei. Das steht für DEGAM-Präsident Professor Dr. Martin Scherer und Vizepräsidentin Professor Dr. Eva Hummers außer Frage. Sie kritisieren allerdings, dass die Politik bei den Booster-Impfungen vorgeprescht ist, ohne eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung der STIKO abzuwarten. Die daraus resultierenden Anfragen verunsicherter Patienten raube den Praxen Zeit. Prof. Hummers rät, Entscheidungen der STIKO in Ruhe abzuwarten. Es dränge nicht. Die meisten Menschen seien durch eine vollständige Impfung bislang gut geschützt.
Die Impfung sei die richtige Maßnahme, der Pandemie zu entkommenen. Prof. Scherer begrüßt es deshalb, wenn Menschen mit Anreizen wie Currywurst und Pommes fürs Impfen gewonnen werden können. Er ist aber auch dafür, mit 2G-Einschränkungen Druck auf ungeimpfte Erwachsene auszuüben. Ihn wundert sowieso, dass bei 3G Personen mit „fehleranfälligen Schnelltests“ auf eine Stufe mit Genesenen und vollständig Geimpften gestellt werden. In der Arztpraxis habe 2G dagegen nichts verloren. Diese müsse für alle Menschen, unabhängig von ihrer Gesinnung, offenstehen.
Bei Jugendlichen sei von Druck – auch nicht über 2G – unbedingt abzusehen, sagt Prof. Hummers. Sie würden häufig getestet und ihr Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken, sei gering. Sie würden aber unter der Unsicherheit leiden. Die Impfung könne hier helfen.
Auf die Frage, ob für Ungeimpfte Streichungen der Lohnfortzahlung während der Quarantäne gerechtfertigt seien, äußern Prof. Hummers und Prof. Scherer nur ihre persönliche Meinung: Warum soll die Gemeinschaft diese Kosten tragen?
Von einer allgemeinen Impfpflicht hält die DEGAM nichts. Die Überzeugungsarbeit müssen nun mal die Hausärzte leisten. Verhaltensänderungen bräuchten Zeit. Prof. Scherer plädiert allerdings für eine Impfpflicht in den pflegerischen und medizinischen Berufen.
Fachgesellschaft präsentiert ihre Digitalstrategie
Anlässlich ihres 55. Kongresses für Allgemein- und Familienmedizin stellte die DEGAM ihre „Digitalstrategie“ vor. Bei der Umsetzung vertraut die Fachgesellschaft auf die Kooperation mit anderen Institutionen wie der Bundesärztekammer und insbesondere auf die politische Schlagkraft des Hausärzteverbandes. Die fünf zentralen Punkte sind:
- Für digitale Gesundheitsanwendungen, die mit pharmazeutischen Interventionen vergleichbar sind, sollten hochwertige Studien bzw. ähnliche Zulassungsstandards vorliegen, bevor sie eingesetzt werden.
- Digitalisierung der Aus- und Weiterbildung ausbauen. Der Erwerb digitaler Kompetenzen ist zu fördern.
- Die Hausarztpraxis ist der Türöffner für die digitale Versorgung. Das Feld darf nicht Anbietern im Internet überlassen werden. Dazu gehört auch der Einsatz einer elektronischen Patientenakte mit relevanten Inhalten, die für mehr Patientensicherheit sorgt. Bei der Nutzung von Patientendaten als „wichtige gesellschaftliche Ressource“ sieht sich DEGAM nahe bei der Haltung des Sachverständigenrates fürs Gesundheitswesen. Selbstverständlich müsse dabei der Datenschutz gewahrt bleiben.
- Verbesserung der hausärztlichen Versorgung durch z.B. den Einsatz von Risikorechnern, Telemedizin und Videosprechstunde.
- Die Digitalisierung muss Zeitersparnisse schaffen und zu mehr Effizienz beitragen. Zu viel laufe noch über Zettel, Faxe und konventionelle Arztbriefe.
Quelle: Pressekonferenz – DEGAM