„Wir wollen Massen aufs Rad bringen“
Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Bürgerbegehren?
Dr. Norbert Szép: Wir haben sieben Forderungen formuliert. So sollen an Frankfurts Hauptstraßen breite, sichere und abgetrennte Radwege entstehen, die gut zu zweit oder zu dritt befahrbar sind.
Zudem sollte es eine lückenlose Fahrrad-Infrastruktur geben, bei der ein Radfahrer nicht plötzlich auf der Straße steht und sich in Gefahr sieht. Wir wollen insbesondere die Menschen motivieren, die jetzt noch kein Fahrrad fahren, zum Beispiel ältere oder unsichere Menschen, aber auch Kinder. Mit dem Bürgerbegehren wollen wir Massen aufs Fahrrad bringen.
Welche Möglichkeit bietet das Fahrrad Ihrer Meinung nach?
Dr. Szép: Wir Ärzte versuchen ja, die Gesundheit der Menschen zu fördern, und empfehlen dazu Bewegung. Schon wöchentlich 150 Minuten Bewegung können Wunder bewirken. So können zum Beispiel Herz-Kreislauf-Probleme, das Krebsrisiko, Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht gesenkt werden. Wir haben zudem die Hoffnung, dass deutlich weniger Emissionen produziert werden, wenn viele Menschen auf das Rad umsteigen. Verkehrslärm und Abgase stellen eine große Gesundheitsgefahr dar. Studien wie die von der europäischen Umweltagentur zeigen, dass wir etliche vorzeitige Todesfälle wegen Feinstaub und Stickoxiden zu verzeichnen haben. Dabei stellen die Todesfälle nur die Spitze des Eisbergs dar. Die Zahl der Menschen, die an den Folgen der Abgase erkranken, geht in die Hunderttausende. Wenn wir es schaffen, einen Teil des Autoverkehrs auf das Fahrrad zu verlagern, wird für alle ein enormer Gesundheitsgewinn entstehen.
Welche Länder oder welche Städte können dabei als Vorbild dienen?
Dr. Szép: In Deutschland haben wir einige Städte, die bereits vorbildlich in die Fahrrad-Infrastruktur investiert haben, wie Karlsruhe und Münster. In Bamberg und Berlin wurde ein Radentscheid erfolgreich durchgesetzt.
Dieser hatte ebenfalls als Bürgerbegehren angefangen und wurde letztlich von der Politik übernommen. Weitere Städte mit einer guten Infrastruktur für Radfahrer sind Kopenhagen, Amsterdam und Groningen. Auch in New York werden immer mehr Fahrradwege gebaut. Es findet mittlerweile ein Umdenken statt – weltweit.
Eine Stadt mit Potenzial
Dr. Szép: Ein Problem hier in Frankfurt ist sicherlich, dass es an die 355.000 Pendler gibt. Für diese Gruppe sollte es ebenfalls Angebote geben. So wären zum Beispiel breite Radwege, Fahrradtrassen oder auch „Fahrrad-Autobahnen“ denkbar, auf denen schnell gefahren werden kann. Eventuell könnte auch ein „Ride-and-bike-System“ entwickelt werden, bei dem ein Pendler von zu Hause aus z. B. mit der S-Bahn nach Frankfurt fährt und auf sein an der Haltestelle geparktes Rad umsteigt, um die letzte Strecke bis zur Arbeit zu fahren. Dazu müsste es aber ausreichend und sichere Fahrradparkplätze geben, sodass auch teure Pedelecs, also E-Bikes, abgestellt werden können. Wir bemerken, dass immer mehr Menschen E-Bikes nutzen; das ist eine sinnvolle Form der Elektromobilität, die sicherlich gerade in Städten zukunftsfähig ist.