Aderlässe sind bei Polycythaemia vera auf Dauer keine Lösung

Friederike Klein

Die Phlebotomie soll für eine Reduktion der Erythrozyten im Blut sorgen. Die Phlebotomie soll für eine Reduktion der Erythrozyten im Blut sorgen. © iStock/redhumv

Aktuell empfehlen Leitlinien Aderlässe für Patienten mit Polycythaemia vera und niedrigem Risiko als einzige zytoreduktive Therapie. Das Problem: So sinkt oft der Hämatokrit nicht ausreichend.

In Zukunft könnte Ropeginterferon alfa 2b (Ropeg-IFN) zusätzlich zu Phlebotomien die Hämatokritkontrolle bei Patienten mit Polycythaemia vera (PV) verbessern. Grund für den Optimismus geben die Ergebnisse einer Interimsanalyse der Phase-2-Studie LOW-PV, berichtete Professor Dr. ­Tiziano Barbui vom Papst-Johannes-XXIII-Hospital in Bergamo.

Betroffene mit PV und Hämatokrit ≥ 45 % haben ein viermal höheres Risiko für einen kardiovaskulären Tod oder ein schweres thrombotisches Ereignis als solche mit einem Hämatokrit < 45 %. Auch Patienten mit niedrigem Risiko, das heißt bis zu 60 Jahre und ohne Thrombosen in der Anamnese, haben immerhin noch ein um mehr als den Faktor 2 erhöhtes Thromboserisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung, betonte Prof. Barbui. Deshalb sei auch bei ihnen das Erreichen eines Hämatokritwertes unter 45 % wichtig.

Mehr als 80 % erreichen niedrigen Hämatokritwert

In der akademisch initiierten Studie LOW-PV wurde randomisiert geprüft, ob bei diesen Patienten Ropeg-IFN zusätzlich zu Phlebotomien zuverlässiger den Hämatokrit auf < 45 % senkt als stringent durchgeführte monatliche Phlebotomien alleine. In beiden Gruppen konnten Patienten außerdem niedrig dosierte Acetylsalicylsäure erhalten. Primärer Endpunkt ist der Anteil der Personen, der nach zwölf Monaten einen Hämatokrit < 45 % aufweist.

Die aktuelle Interimsanalyse basiert auf den ersten 100 von insgesamt 150 geplanten Patienten, die in die beiden Arme randomisiert worden sind. Den primären Endpunkt erreichten mit Ropeg-IFN 84 % der Teilnehmer, im Standardarm nur 60 %. Ohne Ropeg-IFN war sowohl die Hämatokritkontrolle schlechter (66 % vs. 84 %) als auch ein Krankheitsprogress häufiger (8 % vs. 0 %). Wegen der überragenden Wirksamkeit im Prüfarm wurde die Rekrutierung für die Studie vorzeitig geschlossen, betonte der Referent.

Häufiger Nebenwirkungen, aber selten schwerwiegend

Prof. Barbui berichtete, dass sich mit Ropeg-IFN bereits nach fünf bis sechs Monaten die Zahl der Phlebotomien gegenüber der Standardtherapie signifikant verringert hatte. Auch die Belastung durch Symptome der PV wie frühe Sättigung, Inaktivität, Konzentrationsprobleme, Nachtschweiß oder Juckreiz reduzierte sich, wohingegen einige Symptome im Standard­arm während der Studie noch an Schwere zugenommen hatten. Die mit der Behandlung zusammenhängenden unerwünschten Ereignisse waren im Ropeg-IFN-Arm zwar häufiger (48 % vs. 6 %), erreichten aber wie im Standardarm nur selten einen Grad 3 (6 % vs. 8 %).

Keine Aussage zu ­Thrombosen

Unterschiede in der Thromboserate ließen sich bei der relativ geringen Teilnehmerzahl und der kurzen Therapiedauer nicht zeigen. Prof. Barbui erklärte, dass bei einer durchschnittlichen Thromboserate von 2 % pro Jahr bei diesen Patienten eine wesentlich größere und längere Studie notwendig wäre, um den Effekt von Ropeg-IFN auf die Thromboserate zu untersuchen.

Schon jetzt betonte Prof. Barbui, dass bei Patienten mit PV und niedrigem Risiko mit Ropeg-IFN effektiver ein Hämatokritwert unter 45 % erreicht werden kann als mit einem sehr ambitionierten Phlebotomie-Management mit einem einmal monatlichen Aderlass. Für die Lebensqualität der Betroffenen sei eine reduzierte Zahl der Phlebotomien wie auch die Senkung der Symptomlast von großer Bedeutung.

Quelle: Barbui T et al. EHA25 Virtual Congress; Abstract LB2602

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Die Phlebotomie soll für eine Reduktion der Erythrozyten im Blut sorgen. Die Phlebotomie soll für eine Reduktion der Erythrozyten im Blut sorgen. © iStock/redhumv