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Adjuvanz, Neoadjuvanz oder OP alleine?

Prostatakarzinome mit Höchstrisiko erweisen sich oft noch als lokal resektabel, führte Prof. Dr. Markus Graefen, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, ein. Er sieht folgende Vorteile durch eine primäre Resektion solcher Tumoren:
- effektive lokale Kontrolle
- keine verpflichtende begleitende Hormontherapie
- individuelle Indikation für eine mögliche Adjuvanz
- zeitgleiche Lymphadenektomie
- präzise Nachsorgemöglichkeit (PSA < 0,2 ng/ml)
- einfache Salvagetherapie
„Der Nachteil ist sicherlich das Inkontinenzrisiko. Das ist höher als bei einer Strahlentherapie, wenn auch nicht mehr sehr hoch“, gab der Onkologe zu bedenken.
Nach einer radikalen Prostatektomie ohne weitere Adjuvanz bleiben immerhin 40–50 % der Patient:innen mit lokal fortgeschrittenen Malignomen zehn Jahre lang rezidivfrei. Jede:r Fünfte mit einem besonders hohen Risiko (very high risk) habe einen organbegrenzten Tumor und eine Heilungsaussicht durch eine operative Monotherapie.
Manchmal erweise sich eine Resektion samt Lymphadenektomie sogar im Fall nodal positiver Befunde als kurativ. „Patient:innen mit einer geringen Lymphknotenmetastasenlast haben eine realistische Chance, die etwa bei 10–20 % liegt, dass keine weitere Therapie mehr notwendig ist“, stellte Prof. Graefen klar. Ein oder zwei befallene Lymphknoten ohne weitere Risikofaktoren sind für ihn deshalb keine Indikation für eine sofortige adjuvante Behandlung mehr.
Dennoch bleibt eine unmittelbare adjuvante Bestrahlung für bestimmte Erkrankte sinnvoll. „Wenn eine adverse Pathologie vorliegt, insbesondere eine Samenblaseninfiltration oder ein Gleason Score von 8 oder höher, ist eine Bestrahlung unabhängig vom Lymphknotenbefund vorteilhaft“, präzisierte der Experte. Außerdem profitierten Behandelte spätestens ab dem dritten positiven Lymphknoten von der Radiatio.
„Im klinischen Alltag sehen wir auch Patient:innen, die zum Beispiel eine Rektuminfiltration haben, aber dennoch aufgrund der Obstruktionssituation oder besonders jungen Alters gute Kandidat:innen für eine Operation wären“, erörterte der Kollege. In einer Fallserie mit 26 Erkrankten unterstützte eine ADT mit oder ohne Docetaxel die Operabilität bei Verdacht auf Rektuminfiltration. Der Referent ordnete ein: „Auch mit traditioneller Hormontherapie außerhalb der Leitlinien funktioniert ein Downsizing bei vielen Patient:innen.“
In der ARNEO-Studie erhielten Betroffene mit Hochrisikotumoren ohne Fernmetastasen in den drei Monaten vor der radikalen Prostatektomie entweder Placebo plus Degarelix oder Apalutamid plus Degarelix. Das mediane Tumorvolumen war nach intensiverer Vortherapie signifikant geringer (0,48 ml vs. 1,7 ml; p < 0,001). 38 % gegenüber 9 % erreichten eine minimale Resterkrankung mit weniger als 0,25 ml verbliebenem Malignom (p = 0,002). Weitere laufende Studien beschäftigen sich ebenfalls mit der Neoadjuvanz bei Risikotumoren. „Vielleicht macht das ja auch die Effektivität der Operation höher, und wir führen bei solchen Patient:innen upfront ein multimodales Konzept durch“, eröffnete Prof. Graefen abschließend als Perspektive.
Quelle: Graefen M. 36. Deutscher Krebskongress 2024; Vortrag „Very-High-Risk-Prostatakarzinom – Primäre Operation im multimodalen Konzept“
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