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Adrenogenitales Syndrom: Für physiologischen Cortisolspiegel sorgen

Die Substitution von Cortisol ist gar nicht so einfach, erklärte Professor Dr. Nicole Reisch von der Medizinischen Klinik und Poliklinik IV an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Um gefährliche Addison-Krisen zu vermeiden, sind oft supraphysiologische Dosen an Hydrocortison erforderlich. Zugleich führt die dreimal tägliche Gabe des Glukokortikoids häufig zur zeitweisen Über- oder Unterversorgung. Vor allem der physiologische Cortisolanstieg in den frühen Morgenstunden lässt sich nur schwer imitieren.
Arzneimittel mit veränderter Wirkstofffreisetzung können einen Ausweg darstellen, meinte die Expertin und verwies auf Plenadren. Das Medikament ist zur Behandlung bei Nebenniereninsuffizienz erwachsener Patienten zugelassen und wird einmal täglich morgens eingenommen. Ein Teil des Hydrocortisons wird sofort freigesetzt, der Rest verzögert über den Tagesverlauf hinweg.
Den frühmorgendlichen Hormonanstieg imitieren
Dies komme dem physiologischen Profil schon recht nahe, beschrieb Prof. Reisch, es fehle aber nach wie vor der frühmorgendliche Anstieg. Beim adrenogenitalen Syndrom (AGS) gelinge es mit dem Medikament zudem nicht ohne weiteres, die ACTH*-bedingte Androgenproduktion über 24 Stunden hinweg zu kontrollieren. Meist sei eine zusätzliche Abenddosis Hydrocortison erforderlich, so die Expertin.
Eine Alternative könnte Chronocort® sein, das abends um 23 Uhr und morgens um 7 Uhr eingenommen wird. Durch den verzögerten Wirkeintritt wird der Cortisolanstieg am frühen Morgen imitiert. In einer Phase-3-Studie wurde der primäre Endpunkt – verbesserte Androgenkontrolle im Vergleich zur Glukokortikoidstandardtherapie – zwar nicht erreicht.
Experimentelle Therapie mit wenig Evidenz
Weniger Fatigue, weniger Flaum
In etlichen sekundären Endpunkten wie etwa dem Ausbleiben von Addison-Krisen oder geringeren Schwankungen im Cortisol-Tagesprofil konnte das Medikament aber überzeugen, sagte die Endokrinologin aus München. Studienteilnehmer, die das Prüfmedikament bekommen hatten, berichteten zudem öfter über positive Nebeneffekte der Behandlung wie weniger Fatigue oder eine Besserung des Hirsutismus. Weitere Wirkstoffkandidaten, die künftig für die Therapie des adrenogenitalen Syndroms infrage kommen könnten, sind nicht-steroidale Antagonisten des Corticotropin-Releasing-Hormons (CRH). In einer Phase-1b-Studie mit acht AGS-Patienten führte etwa die Substanz Verucerfont zur deutlichen Reduktion der ACTH- und Androgenspiegel. Die damit Behandelten benötigen zwar weiterhin eine Hydrocortison-Substitution, allerdings nicht mehr in supraphysiologischen Dosierungen. Ebenfalls zu den CRH-Antagonisten zählen Crinecerfont und Tildacerfont, die derzeit in klinischen Studien geprüft werden.* adrenocortikotropes Hormon
Kongressbericht: 64. Deutscher Kongress für Endokrinologie (Online-Veranstaltung)
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