
Aktuelle Leitlinie zur Schlaganfall-Sekundärprophylaxe
Obwohl der Zusammenhang zwischen Hyperlipidämie und Atherosklerose außer Zweifel steht, hat man über die Rolle hoher Cholesterinspiegel beim Schlaganfall lange gerätselt. Das Risiko hämorrhagischer Insulte steigt bei niedrigen Cholesterinspiegeln, während die Gefahr für ischämische zerebrale Ereignisse leicht sinkt, erläutern DGN/DSG*-Experten in der aktualisierten S3-Leitlinie**.
20%ige Risikoreduktion für den ischämischen Insult
Zur Schlüsselfrage, ob Statine zur Sekundärprophylaxe des ischämischen Schlaganfalls und der transitorisch ischämischen Attacke eingesetzt werden sollten, ist die Sachlage inzwischen klar. Auf jeden Fall behandeln, besagt die Leitlinie, denn dies lässt sich anhand harter Daten begründen. Bereits im Jahr 2008 hatte ein Review gezeigt, dass durch den Einsatz von Statinen (Simvastatin, Pravastatin, Atorvastatin) eine 20%ige Risikoreduktion für den ischämischen Insult erreichbar ist – dabei verhielt sich das Ausmaß der Protektion proportional zur Senkung der LDL-Werte. Die Gefahr hämorrhagischer Ereignisse erwies sich allerdings unter der Lipidtherapie als erhöht (HR 1,73).
In der Heart Protection Study mit über 20 000 Teilnehmern zeigte die Simvastatingruppe (40 mg/d) ein um 25 % signifikant reduziertes Risiko für ischämische Schlaganfälle – zudem sank unter der Fettsenkertherapie die Rate von Karotisendarteriektomien und Stentangioplastien. Alle Subgruppen (darunter Patienten mit KHK, Diabetes, pAVK, Z.n. zerebralem Insult) profitierten gleichermaßen, sodass die DGN/DSG-Experten ausdrücklich empfehlen, sich bei der Entscheidung zur Statintherapie am globalen Gefäßrisiko zu orientieren – und nicht primär am Ausgangs-LDL.
In der SPARCL-Studie mit Atorvastatin (80 mg/d) bestätigte sich der präventive Effekt der Cholesterinsenkung. Der LDL-Abfall auf 73 mg/dl (vs. 128 mg/dl unter Placebo) war von einer Risikoreduktion für den kombinierten vaskulären Endpunkt um 20 % begleitet. Die verringerte Gefahr für ischämische Schlaganfälle (HR 0,78) wurde aber zum Teil durch den Anstieg hämorrhagischer Insulte (HR 1,66) aufgehoben.
Auch ältere Patienten profitieren von Statinen
Einge weitere Untersuchungen bestätigten den Wert der Statine in der Sekundärprophylaxe ischämischer Ereignisse. Und eine Metaanalyse von Studien an knapp 20 000 älteren Patienten (65–82 Jahre) wies auch für diese Personengruppe den Profit nach. All diese Erkenntnisse münden in die Leitlinienstatements:
- 2.1: Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA sollen mit einem Statin behandelt werden.
- 2.2: Patienten mit Hirnblutungen sollten nur unter Abwägen von Risiko und Nutzen mit einem Statin behandelt werden, wenn eine andere eigenständige Indikation vorliegt.
Zu den Zielwerten der lipidsenkenden Therapie liegt keine direkte Evidenz vor, heißt es weiter. Was das LDL angeht, richtet man sich deshalb nach dem bewährten Level aus kardiovaskulären Studien: LDL-C soll < 100 mg/dl betragen. Zu den übrigen Parametern wie HDL, Triglyzeride und Lp(a) lassen sich derzeit noch keine Aussagen treffen.
Statintherapie nicht unterbrechen!
Eine weitere wichtige Frage dreht sich darum, ob es dem Patienten schadet, wenn er das Statin von heute auf morgen weglässt – zum Beispiel wegen anderer akuter Erkrankungen oder Schluckproblemen. Bei vorbehandelten Patienten führte eine Statinpause nach akutem Apoplex zum vergrößerten Infarktvolumen, einem Anstieg der Mortalität sowie einem erhöhten Risiko der Pflegebedürftigkeit. In der S3-Leitlinie raten die Autoren, eine Statintherapie nicht zu unterbrechen und das Medikament bei Schluckproblemen gegebenenfalls über eine Magensonde zu applizieren.
Ob andere lipidsenkende Substanzen zur Schlaganfall-Sekundärprophylaxe beitragen können, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Nikotinsäurederivate, Fibrate oder Ezetimibe werden aktuell noch nicht routinemäßig empfohlen – da dazu keine oder keine einheitliche Evidenz vorliegt.
Welche Lipide messen? DGN/DSG*-Experten empfehlen, bei Schlaganfallpatienten nach einem akuten Ereignis als Basisdiagnostik LDL-C, HDL-C und Triglyzeride zu bestimmen. Die erste Kontrolle der Werte sollte nach sechs Wochen erfolgen. |
* DGN: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, DSG: Deutsche Schlaganfallgesellschaft **http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-133.html
Quelle: AWMF-Register-Nr. 030/133; „S3-Leitlinie – Teil 1: Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke“
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