Aktuelle Therapie der Alzheimer-Demenz

Maria Weiß, Foto: fotolia, bilderstoeckchen

Bei der Behandlung von Patienten mit Alzheimer-Demenz muss an mehreren Schrauben gedreht werden. Symptomatisch wirkende Antidementiva gehören genauso dazu wie nicht medikamentöse Therapieansätze.

Schon im Vorfeld der Demenz – bei älteren Menschen mit erhöhtem Risiko für kognitive Störungen – lässt sich einiges für den Erhalt kognitiver Fähigkeiten tun. So wurde in der finnischen FINGER*-Studie gezeigt: Durch regelmäßige körperliche Bewegung, gesunde Ernährung, kognitives Training, soziale Aktivitäten und optimale Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren lässt sich die kognitive Leistungsfähigkeit im Alter deutlich verbessern, schreibt Professor Dr. Reto W. Kressig von der Universitären Altersmedizin Basel.

Gemeinsames Kochen und Musizieren für mehr Wohlbefinden

Ist die Demenz bereits eingetreten, lassen sich die kognitiven Fähigkeiten durch nicht medikamentöse Maßnahmen zwar nicht wesentlich „hochschrauben“. Gegen Verhaltensstörungen, Apathie und eine schlechte emotionale Verfassung kann aber durchaus etwas getan werden. Durch regelmäßiges körperliches Training etwa verbessern sich die Fähigkeiten der Patienten, ihren Alltag zu meis­tern. Eine individuell angepasste Aktivierung (einmal pro Woche) wirkt der Apathie spürbar entgegen. Auch Aktivitäten wie gemeinsames Kochen und Musizieren können das Wohlbefinden bessern, Verhaltensstörungen mindern und das Pflegepersonal entlasten.


Auch „pflegende Anghörige“ unterstützen

Angehörige, die Alzheimer-Patienten versorgen, sollten Angebote zur Unterstützung bekommen. Durch entsprechende Maßnahmen lassen sich Überforderungen – bis hin zu Depressionen – deutlich reduzieren.


Bevor man Antidementiva verschreibt, sollte die aktuelle Medikation nach potenziell schädlichen Substanzen für die Kognition durchfors­tet werden. Substanzen, die Patienten ggf. zur Prophylaxe oder Therapie der Demenz einnehmen, sind zu prüfen – und im Falle von fehlendem Wirksamkeitsnachweis abzusetzen. Dazu gehören dem Experten zufolge z.B. durchblutungsfördernde Substanzen, Antioxidanzien, Vitamine (B, C, D, E), Fischöl oder Omega-3-Fettsäuren.

Ginkgo: Bessere Kognition und Alltagskompetenzen

An der Wirksamkeit von symptomatischen Antidementiva wie Cholinesterasehemmer, Memantin und Ginkgo-biloba-Spezialextrakt EGb 761® besteht heute kein Zweifel mehr, schreibt der Experte. Angepasst ans Krankheitsstadium verbessern die Substanzen den klinischen Verlauf. Inzwischen ist auch gut belegt, dass Demenzkranke unter antidementiver Behandlung seltener oder später in Pflegeheime eingewiesen werden und weniger Verhaltensstörungen aufweisen.


Ginkgo-Extrakt kann in einer Dosierung von 2 x 120 mg/Tag schon im Stadium erster kognitiver Einschränkungen (mild cognitive impairment) eingenommen werden. In einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse von sieben Studien mit 2625 Demenzpatienten wurden signifikante positive Effekte auf Kognition, Alltagsfähigkeiten und globale Beurteilung gezeigt. Das früher postulierte erhöhte Blutungsrisiko unter Ginkgo hat sich in den Studien nicht bestätigt.

Mit Memantin gegen Depression und Aggression

Cholinesterasehemmer wie Donepezil, Galantamin und Rivastigmin können schon im Frühstadium der Alzheimer-Demenz (MMSE-Bereich 10 bis 30) eingesetzt werden. Neben den messbaren Verbesserungen in kognitiven Tests lassen sich auch psychiatrische Negativ-Symptome wie Apathie verbessern. Als Nebenwirkungen können vor allem anfangs gastrointestinale Probleme auftreten. Auch eine Bradykardie ist in seltenen Fällen beschrieben worden, sodass nach zwei Wochen ein Kontroll-EKG durchgeführt werden sollte. Als seltene unerwünschte Wirkung ist die Verschlechterung einer Urininkontinenz zu berücksichtigen.


Memantin wird zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Demenz eingesetzt. Die Therapie führt bei Betroffenen neuropsychologisch zu Verbesserungen, außerdem finden sich positive Wirkungen auf psychiatrische „Plus-Symptome“ wie Agitation und Aggression.

Medikation auch im Urlaub keinesfalls unterbrechen

Eine kurzzeitige Unterbrechung der Antidementiva-Medikation (z.B. im Urlaub) sollte unbedingt vermieden werden. Andernfalls sind irreversible kognitive Verschlechterungen möglich, die nicht wieder rückgängig gemacht werden, warnt Prof. Kressig.


Bei fortschreitender Erkrankung ist die Kombination von Cholin­esterasehemmern und Memantin aufgrund der unterschiedlichen Ansatzpunkte im Neurotransmittersys­tem gegebenenfalls eine Option. In mehreren Studien konnte eine überlegene Wirksamkeit nachgewiesen werden – völlig klar ist die Datenlage aber noch nicht.


*Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability


Quelle: Reto W. Kressig et al., Therapeutische Umschau 2015; 72: 233-238

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