Alle Jahre wieder – die STIKO-Empfehlungen

Dr. Anja Braunwarth

Neue STIKO-Empfehlungen zu Influenza, Zoster und Tetanus. Neue STIKO-Empfehlungen zu Influenza, Zoster und Tetanus. © fotolia/natali_mis

Wieder einmal hat die STIKO ihre Impfempfehlungen dem aktuellen Stand der Forschung angepasst. Das sind die wichtigsten Änderungen.

Die erste Neuerung betrifft die Influenza-Impfung bei 2- bis 17-Jährigen. 2013 gab die STIKO die Empfehlung, diese Altersgruppe bevorzugt mit dem nasal zu applizierenden Lebendimpfstoff (live attenuated influenza vaccine, LAIV) zu immunisieren. Letztes Jahr setzte man diesen Rat bereits aus und zog ihn dieses Jahr ganz zurück. Stattdessen gilt LAIV nun bei gesicherter Indikation als gleichwertig mit dem inaktivierten i.m. Serum (IIV). Nur wenn sich Injektionen schwierig gestalten (z.B. Spritzenphobie, Gerinnungsstörung) ist LAIV die erste Wahl.

Der Grund für die Änderung: Alle Studien, die eine überlegen Wirksamkeit von LAIV zeigten, fanden vor der Pandemie 2009 statt. Seitdem hat aber das Virus A/H1/N1pdm2009 die vorigen saisonalen A/H1N1-Erreger vollständig verdrängt, was den Austausch des attenuierten Virus im Impfstoff erforderlich machte. In den darauffolgenden Jahren zeigte sich dann eine geringere Effizienz von LAIV gegen den neuen Angreifer, bei anderen Stämmen lag die Vakzine mindestens gleichauf mit IIV. Insgesamt ergibt sich aus den Daten aber kein Grund mehr, dem Lebend­impfstoff den Vorrang zu geben.

Zoster-Vakzine wirkt bei Gefährdeten zu schlecht

Zweiter wichtiger Punkt: Herpes zos­ter. Die STIKO sieht jetzt davon ab, die attenuierte Lebendvakzine, die ab dem 50. Lebensjahr zum Einsatz kommen kann, als Standardimpfung zu empfehlen. Zwar nimmt die Erkrankungswahrscheinlichkeit mit dem Alter zu, leider aber die Wirksamkeit der Impfung ab. Sprechen bei den 50- bis 59-Jährigen noch 70 % darauf an, sinkt diese Rate bei den über 80-Jährigen unter 20 %.

Gefährlicher Meningokokkenstamm hat die Nordsee passiert

Seit 2009 treibt in Großbritannien ein hochvirulenter Meningokokkenstamm der Serogruppe W sein Unwesen. Zwischen 2011 und 2014 kames dort zu einem jährlichen Anstieg der Inzidenz um 79 %. Inzwischen hat der Keim offenbar die Nordsee durchquert. Eine epidemiologische Studie ergab, dass in den Niederlanden im Zeitraum 2015/2016 gegenüber 2014/2015 deutlich mehr Erkrankungen mit der Serogruppe W auftraten. Offenbar gibt der Erreger bei unseren Nachbarn richtig Gas: Die Erkrankungsraten kletterten in diesem Zeitraum um 418 %. Die Infektion mit dem Stamm verläuft oft atypisch mit Pneumonien, gastrointestinalen Beschwerden oder septischen Arthritiden und er betrifft vorwiegend Erwachsene im Alter über 65 Jahre. Die Letalität lag in Großbritannine bei 12 %, in den Niederlanden bei 11 %. Die Briten haben bereits reagiert und verwenden seit 2015 einen Impfstoff, der die Serogruppe W mit umfasst. Es ist zu vermuten, dass diese Umstellung auch für unsere holländischen Nachbarn sinnvoll wäre.

Quelle: Knol MJ et al. Lancet 2017; online first

Außerdem hält der Schutz nur wenige Jahre an und das Serum ist bei Immunkompromittierten – die ja besonders häufig am Zoster erkranken – kontraindiziert. Die Impfung sollte daher nur noch nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.

Auch Ehrenamtliche gegen Hepatitis-Viren impfen

Bei der Tetanus-Expositionsprophylaxe heißt es dieses Jahr: back to the roots. Patienten mit sauberen, kleinen Wunden brauchen wie früher nur eine Auffrischung, wenn die letzte Immunisierung mindestens zehn Jahre zurückliegt. Die letztes Jahr eingeführte Verkürzung dieser Frist auf fünf Jahre wurde wieder rückgängig gemacht, weil es keine stichhaltige Begründung dafür gibt.

Abgesehen von den medizinisch wichtigen Änderungen hat die STIKO eine bürokratische eingeführt: Ab sofort gelten auch Ehrenamtliche mit erhöhtem Expositionsrisiko gegenber Hepatitis A und B als Zielgruppe für die Impfung, nicht mehr nur beruflich Tätige. Außerdem fanden noch einige redaktionelle Überarbeitungen statt und die Experten stellen neues Infomaterial (Plakat, Merkblatt) zum schmerzreduzierten Impfen zur Verfügung. 

Quelle: Epidemiologisches Bulletin 2017; 35: 381-390, www.rki.de

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