Was Sie bei Impfungen von Immunsupprimierten mit Fernweh beachten müssen

Maria Weiß

Bei hochgradiger Immunsuppression sollte unter Umständen durch das hohe Infektionsrisiko von der Reise abgeraten werden. Bei hochgradiger Immunsuppression sollte unter Umständen durch das hohe Infektionsrisiko von der Reise abgeraten werden. © fotolia/Sir Oliver

Auch Patienten unter Immunsuppression wollen ab und zu auf große Reise gehen. Doch bei einigen typischen Reiseimpfungen ist je nach Grad der Abwehrschwäche Vorsicht geboten.

Impfungen bei Personen mit Immunsuppression gehören zu der komplexesten Fragestellung im Impfwesen, sagte Professor Dr. Herwig Kollaritsch vom Zentrum für Reisemedizin in Wien. Zwei Grundsätze sind zu beachten:

  • Totimpfungen stellen kein Risiko für den Patienten dar – allerdings kann der Impferfolg fraglich sein.
  • Bei Lebendimpfungen ist abhängig vom Grad der Immunsuppression immer Vorsicht geboten. Die Immunsuppression kann in drei Grade eingeteilt werden (s. Tabelle).

Totimpfungen bei Grad 1 und Grad 2 kein Problem

Bei Grad 1 sind Totimpfungen kein Problem und keine Titerkontrollen erforderlich. Auch Lebendimpfungen können (unter Einhaltung evtl. notwendiger Abstände) meist wie beim Gesunden vorgenommen werden. Bei HIV-Patienten (> 500 CD4-Zellen) sind Gelbfieber- und MMR-Impfungen möglich, auf Lebend-Influenza- und Zoster-Impfungen sollte verzichtet werden.

Bei Grad 2 können ebenfalls alle Tot­impfungen gegeben werden, ggf. mit Titerkontrollen. Asymptomatische HIV-Patienten sollten nur gegen Gelbfieber geimpft werden, wenn es reisemäßig absolut nicht anders möglich ist. Kontraindiziert sind Lebend-Influenza-, MMRV- und Zoster-Impfungen. Eine Ausnahme sind Patienten mit Asplenie oder Sichelzellanämie – hier ist nur die Lebend-Influenza-Impfung kontraindiziert.

Bei Grad 3 ist der Impferfolg von Totimpfungen fraglich, sodass immer Titerkontrollen empfehlenswert sind. Unter Rituximab sollten wegen schlechter/fehlender Antikörper-Antwort grundsätzlich keine Totimpfungen erfolgen – hier ist ein Abstand von sechs Monaten einzuhalten. Nach einer Stammzelltransplantation sind Totimpfungen in der Regel nach drei bis sechs Monaten möglich.

Grad 3 heißt unter Umständen Reiseverbot

Für die meisten Reiseimpfungen stehen für hochgradig Immunsupprimierte keine Daten zur Verfügung, sodass ggf. von Reisen mit erhöhtem Infektionsrisiko abgeraten werden muss. Lebendimpfungen sind generell kontraindiziert. Nach der Einnahme von alkylierenden Medikamenten, Cyclosporin oder Tacrolimus sollte hier ein Abstand von drei Monaten eingehalten werden.


Ausprägung der Immunsuppression in drei Graden

Grad 1: leichte (klinisch nicht relevante) ImmunsuppressionGrad 2: leichte bis mittelgradige ImmunsuppressionGrad 3: hochgradige Immunsuppression
  • Kortisontherapie:
    • Kurzzeittherapie (< 2 Wochen, < 20 mg/d)
    • Langzeittherapie (alternierende Tagestherapie mit kurzer HWZ)
    • inhalative, topische oder intraartikuläre Therapie
  • HIV-Infektion (CD4-Zellen ≥ 500/mm3)
  • Tumor-Patienten:
    • letzte Chemo > 3 Monate (bei B-Zell-Therapie > 6 Monate)
    • Remission
  • Autoimmunerkrankungen ohne immunsuppressive Therapie
  • gut eingestellter Diabetes mellitus
  •  Kortisontherapie:
    • < 20 mg/d, aber mehr als zwei Wochen
    • Depot-Kortison
    • > 20 mg, < 2 Wochen (Lebendimpfungen erst zwei Wochen nach Therapieende)
  • HIV-Infektion (asymptomatische Patienten, CD4-Zahlen 200–499/mm3)
  • niedrig dosierte Immunsuppressiva, z.B.
    • MTX < 0,4 mg/kg/Woche
    • Azathioprin < 3 mg/kg/Tag
    • 6-Mercaptopurin < 1,5 mg/kg/Tag
  • anatomische oder funktionelle Asplenie
  • chronische Leber- oder Niereninsuffizienz
  • Multiple Sklerose ohne Therapie
  • Diabetes mellitus (fortgeschrittene Erkrankung oder schlechter Allgemeinzustand)
  • Kortisontherapie (> 20 mg, > 2 Wochen, Lebend­impfung erst ein Monat nach Therapieende)
  • HIV-Infektion (≤ 200 CD4-Zellen/mm3)
  • Stammzelltransplantation (≤ 2 Jahre oder unter Immunsuppressiva)
  • Organtransplantation (≤ 1 Jahr oder unter Immunsuppressiva)
  • Tumor-Patienten:
    • akute hämatologische oder metastasierte onkologische Erkrankung
    • Chronisch lymphatische Leukämie
    • Strahlentherapie (Abstand mindestens 6 Wochen)
  • aplastische Anämie
  • kongenitale Immundefekte
  • manche Chemotherapeutika
  • die meisten Biologika (bei Interaktionen mit Immunzellen)

18. Forum Reisen und Gesundheit

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei hochgradiger Immunsuppression sollte unter Umständen durch das hohe Infektionsrisiko von der Reise abgeraten werden. Bei hochgradiger Immunsuppression sollte unter Umständen durch das hohe Infektionsrisiko von der Reise abgeraten werden. © fotolia/Sir Oliver