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Allgemeinmediziner brauchen Nachhilfe in Sachen Geschlechtskrankheiten

Chlamydien-Infektionen, Syphilis oder Gonorrhö – für all diese Erkrankungen werden in Deutschland steigende Inzidenzzahlen gemeldet. Nur die Zahl an HIV-Infektionen ist seit 2005 weitgehend stabil – allerdings mit 3200 neuen Fällen allein im Jahr 2014 immer noch relativ hoch.
Das Ausmaß des Nichtwissens in der Bevölkerung ist groß
Betroffen sind meist junge Erwachsene – und vor allem bei Syphilis und HIV überwiegend Männer, die Sex mit Männern (MSM) haben. Hinzu kommt wahrscheinlich eine hohe Dunkelziffer nicht diagnostizierter Erkrankungen, schreibt Dr. Karen Voigt von der Medizinischen Klinik III des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus der TU Dresden. Gerade diese Fälle bergen dann das Risiko der Ansteckung von Sexualpartnern und ggf. auch des ungeborenen Kindes. Zudem muss langfristig mit ernsthaften Folgeerkrankungen und Konsequenzen wie Unfruchtbarkeit gerechnet werden.
Das Ausmaß des Nichtwissens in der Bevölkerung ist groß – viele haben keine Ahnung von diesen Erkrankungen, deren Folgen und Präventionsmöglichkeiten. Umso mehr sind Hausärzte als primäre Ansprechpartner gefordert.
In einer Pilotstudie wurde untersucht, wie Allgemeinmediziner mit diesem Problem umgehen. Dazu füllten 47 hausärztlich tätige Besucher des Jahreskongresses der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (62 % Frauen) einen Fragebogen aus. Fast die Hälfte (47 %) waren gestandene Ärzte, deren Medizinstudium mehr als 20 Jahre zurücklag. Etwa die Hälfte der Mediziner praktizierte in Kleinstädten und je ein Viertel im ländlichen Raum oder in Großstädten. Die Ergebnisse:
- 98 % beraten ihre Patienten präventiv zu Sexualverhalten/STI
- 43 % fühlten sich dazu aber unzureichend ausgebildet
- 45 % hatten keine Fortbildung zu STI in den letzten drei Jahren
- 23 % der Ärzte gaben an, Patienten noch nie zu STI beraten zu haben, wenn dazu kein konkreter Beratungsanlass beim Arztbesuch bestand
- 36 % überwiesen mehr als die Hälfte der Patienten mit Verdacht auf STI an Fachärzte oder das öffentliche Gesundheitswesen
Was die Umfrage auch zeigte: Hausärzte haben häufig mit dem Verdacht auf eine STI zu tun: In den letzten 12 Monaten hatten 74 % mindestens einen HIV-Test, 64 % mindestens einen Chlamydien-Test, 30 % mindestens einen Gonorrhö-Test und 11 % mindestens einen Syphilis-Test bei ihren Patienten durchgeführt. Dabei fiel auf, dass Chlamydien in der Diagnostik weniger im Fokus standen als HIV, obwohl sie in der Bevölkerung wesentlich häufiger vorkommen.
Auch kommunikative Kompetenzen ausbaufähig
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass bei Hausärzten offensichtlich ein hoher Fort- und Weiterbildungsbedarf zu Sexualverhalten und STI besteht. Fachliche, aber auch kommunikative Beratungskompetenzen sollten hier gestärkt werden, um Tabuisierung und Stigmatisierung entgegenzuwirken. Nur so kann man die Chance nutzen, einen niederschwelligen Zugang zur Prävention und Früherkennung von STI zu schaffen, schreibt Dr. Voigt. Allerdings sollten dann auch auf Risikogruppen bezogene STI-Screeningtests oder -Beratungsgespräche in den Leistungskatalog von Hausärzten aufgenommen und entsprechend vergütet werden, fordert die Expertin.
Voigt K et al. Z Allg Med 2017; 93: 32-38
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