Chlamydieninfektion: "Mich juckt's da unten"

Maria Weiß

Insbesondere Frauen fürchten die Erkrankung, da sie unter anderem zu Unfruchtbarkeit führen kann. Insbesondere Frauen fürchten die Erkrankung, da sie unter anderem zu Unfruchtbarkeit führen kann. © fotolia/SENTELLO

Sexuell übertragene Chlamydieninfektionen werden immer häufiger diagnostiziert. Vor allem bei Frauen kann die Erkrankung zu Komplikationen führen. Ein pauschales Screening für alle ist aber nicht indiziert.

Durchschnittlich 3,5 % der unter 26-Jährigen haben eine Chlamydiaceaeinfektion. Die vermeintlich beobachtete Zunahme der Chlamydiose liegt möglicherweise daran, dass Kollegen vermehrt tes­ten und asymptomatische Verläufe entdecken, schreiben die Autoren um Dr. Julia Notter von der Infektiologie/Spitalhygiene, Kantonsspital Baselland in Bruderholz. Zwischen 70 bis 95 % der Frauen und mehr als 50 % der Männer mit bestätigter Dia­gnose weisen keinerlei Symptome auf.

Treten doch einmal Beschwerden auf, klagen Frauen über vaginalen Ausfluss, Dysurie, Kontaktblutungen nach Geschlechtsverkehr oder Zwischenblutungen, Männer über Dysurie, urethralen Ausfluss und Hodenschmerzen. Rektale Chlamydiosen verlaufen fast immer asymptomatisch, sodass infizierte Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex haben, eine wichtige Verbreitungsquelle sind. Die sehr seltenen pharyngealen Infektionen lösen so gut wie nie Symptome aus und gelten keinesfalls als relevanter Ansteckungsweg.

Insbesondere Frauen fürchten die Erkrankung, da sie zu Komplikationen wie PID (pelvic inflammatory disease), ektoper Schwangerschaft und Unfruchtbarkeit führen kann.

Deutsche Leitlinie grenzt sich ab

In asymptomatischen oder unkomplizierten Fällen (u.a. von Zervizitis, Urethritis, Proktitis und Pharyngitis) empfiehlt die deutsche Leitlinie 100 mg Doxycyclin 2 x/d für eine Woche als Therapie der Wahl. Im Kontrast zu anderen Leitlinien kommt Azithromycin hierzulande nur als zweite Wahl infrage – und dann als Einzelgabe von 1,5 g p.o. Infektionen mit Chlamydia trachomatis. www.amwf.org, AMWF-Register Nr: 059/005

Bei Symptomen nach Lymphogranuloma fahnden

Das Risiko scheint jedoch deutlich kleiner als bisher angenommen, schreiben die Schweizer Autoren. Denn im Falle einer asymptomatischen Infektion des unteren Genitaltrakts besteht in der Regel nicht die Gefahr solcher Folgeerscheinungen und auch PID als Erkrankung des oberen Genitaltrakts verläuft nicht selten asymptomatisch.

Bei Männern scheint die Geschlechtskrankheit nicht zur Sterilität zu führen. Hier behandelt man also nur, um potenzielle Beschwerden zu lindern, Epididymitis und Orchitis vorzubeugen und die weitere Ausbreitung einzudämmen. Liegen Symptome vor, sollten Kollegen nach einem Lymphogranuloma venereum fahnden, das bestimmte Serotypen (L1, L2, oder L3) hervorrufen. Es kann asymptomatisch oder mit Proktitis, Tenesmen und analen Ulzerationen bzw. Ausfluss einhergehen und unbehandelt zu schwerwiegenden Komplikationen führen.

Zur Diagnostik eignen sich bei Frauen Vaginal- oder Zervix­abstrich aufgrund ähnlicher Sensitivität. Urinproben (Erststrahlurin frühestens 1 h nach letzter Miktion) empfehlen die Experten nur noch, wenn etwas gegen einen Abstrich spricht ­– oder bei Männern. Denn der Erststrahlurin ist ähnlich sensitiv wie der von vielen gefürchtete Meatus- oder Urethralabstrich, was die Akzeptanz der Diagnostik erhöhen könnte. Anal- oder Rachenabstrich werden im Falle eines entsprechenden Verdachts durchgeführt. Dr. Notter und Kollegen raten zum Nachweis der Bakterien ausschließlich zur Genamplifikation (z.B. mittels PCR).

Die Schweiz ist offen für mehrere Therapieoptionen

Unkomplizierte Chlamydieninfektionen (genital, rektal und pharyngeal) können laut den Autoren entweder mit Doxycyclin 100 mg p.o. 2 x/d für 7 Tage oder einmalig Azithromycin 1 g p.o. therapiert werden. Als Alternativen nennen sie Erythromycin 500 mg 2 x/d, Levofloxacin 500 mg 1 x/d oder Ofloxacin 200 mg 2 x/d jeweils à 7 Tage. Sie raten Patienten während der Behandlung auf Sex mit „therapiefreien“ Partnern zu verzichten.

Ein Screening der Allgemeinbevölkerung auf Chlamydien wird bisher nicht propagiert, da es viel zu aufwendig und teuer wäre. Internationale Empfehlungen sehen ein Screening für Frauen unter 25 Jahren vor, die einen neuen oder mehr als einen Sexualpartner im letzten Jahr hatten. Weist die Patientin außerdem eine andere sexuell übertragbare Erkrankung (STI) auf, sollte man nach Chlamydiaceae fahnden – vice versa. Das gilt auch für Männer, die Sex mit Männern haben.

Drei bis sechs Monate nach Therapie noch einmal testen

Im Falle einer nachgewiesenen Chlamydieninfektion sollte man die Geschlechtspartner – optimalerweise alle des letzten halben Jahres – mitbehandeln. Auch bei asymptomatischen Verläufen (s. Kasten). Von den Sexualpartnern ist mehr als die Hälfte ebenfalls betroffen. Ziel ist es vor allem, die weitere Ausbreitung und Reinfektion zu verhindern.

Drei bis sechs Monate nach der Therapie empfiehlt sich eine wiederholte Testung auf die Bakterien. Liegt ein positiver Befund vor, sollte man abklären, ob eine erneute Ansteckung denkbar ist (z.B. fehlende Partnerbehandlung oder neuer Partner) oder die Antibiotika nicht richtig eingenommen wurden. Resistenzentwicklungen haben sich bisher nicht gezeigt. 

Quelle: Notter J et al. Schweizerisches Medizin Forum 2017; 17: 705-711

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