Allogene Transplantation von Stammzellen - Update

Dr. Carola Gessner

Wann fällt bei hämatologischen Erkrankungen der Startschuss zur Stammzelltransplantation? Wie schnell findet man passende Spender und was tun, wenn die Suche misslingt? Eine Expertin präsentierte ein Update.

Seit 1998 steigt die Zahl allogener Stammzelltransplantationen ständig an – in Deutschland von jährlich rund 1200 auf inzwischen mehr als 3000, wie Dr. Angela Wochnik vom Diakonie-Klinikum Stuttgart berichtete. Gleichzeitig hat sich die Rate an Todesfällen infolge der Prozedur im gleichen Zeitraum mehr als halbiert, das zeigen internationale Daten.

Die Indikation besteht bei unterschiedlichen hämatologischen Erkrankungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Während man bei einigen Malignomen sehr früh mit der allogenen SZT startet, wartet man bei anderen das erste Rezidiv ab (s. Kasten). Bei bestimmten Erkrankungen wie z.B. der CML setzt man primär eher auf die Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI), „aber es gibt immer wieder junge Patienten, die auch auf TKI der 2. und 3. Generation nicht ansprechen und dann eine SZT benötigen,“ so die Kollegin.

Suche erst in der Familie, dann im Inland, dann im Ausland

Was den passenden Spender betrifft, so hat man bei Geschwistern eine hohe – jeweils 25 %ige – Chance, fündig zu werden. Doch angesichts kleiner werdender Familien mit weniger Kindern muss man häufig Fremdspender heranziehen. Über das Zentrale Knochenmarkspender- Register in Ulm (ZKRD) beginnt die Suche national. Schlägt sie fehl, fragt man dann auch im Ausland an.

Heute stammen die Zellen für die allogene SZT zu 60 % von Fremdspendern und zu 30  % von der Familie. Die übrigen 10 % verteilen sich auf die haploidente Spende (s.u.) und Nabelschnurblut. Es gibt aktuell mehr als 25 Mio. freiwillige Stammzellspender weltweit, 5,8 Mio. allein in Deutschland, so Dr. Wochnik. Die Suche dauert im Schnitt 21 Tage, wobei die besten Aussichten für kaukasische und japanische Patienten bestehen (60–90 % Erfolg, ansonsten 50 %).

Insgesamt werden in Deutschland die meisten Transplantationen europaweit durchgeführt, so die Referentin. Durch Zytogenetik und Mutationsanalyse kann man heute verschiedene Risikotypen hämatologischer Erkrankungen gut voneinander abgrenzen. Was den Behandlungszeitpunkt betrifft, so wird z.B. die akute myeloische Leukämie nach initialer Chemotherapie transplantiert, wenn ein mittlerer oder hoher Risikotyp vorliegt. Lediglich bei Patienten mit Niedrig-Risiko-Tumoren wartet man den Verlauf nach Induktionschemo zunächst ab.

Beim Myelodysplastischem Syndrom (MDS) bietet die allogene SZT die einzige Heilungschance. Hochrisikotumoren verlangen eine sehr rasche Transplantation. Low-risk-Patienten gilt es engmaschig zu überwachen, um den Übergang in  eine höhere Risikogruppe und den optimalen Zeitpunkt zur Transplantation nicht zu verpassen.

Wichtige Neuerungen betreffen die Auswahlkriterien der Patienten. Das Alter hat an Bedeutung verloren, auch ein über 70-jähriger AML-Patient kann noch für eine SZT geeignet sein. Stärker kommt es bei der Indikationsstellung auf das Erkrankungsstadium an sich, den Genotyp Komorbiditäten oder bestimmte Spenderparameter an.

Auch Senioren werden noch transplantiert

Neben der Patienten- und Spenderauswahl (u.a. nach HLA-Match, Geschlecht, CMV-Status) trägt die gute Vorbereitung des Patienten (Eisenstatus! Komplette Remission der Erkrankung erreichen!) zum Erfolg der allogenen SZT bei. Wird kein Spender gefunden, bietet schießlich die haploidente SZT noch einen Ausweg. Man verwendet Stammzellen von Eltern oder Kindern, was früher eine hohe Mortalität der Patienten bedingte. Diese kann gesenkt werden, wenn nach erfolgter Transplantation noch einmal eine Chemotherapie mit Cyclophosphamid erfolgt.

„Da mögen sich dem Transplanteur die Haare sträuben – eine Chemo auf die schönen neuen Stammzellen!“, so die Referentin. Doch greife man mit dieser Chemotherapie nicht Stammzellen an, sondern schnell proliferierende Lymphozyten, die für die Abstoßungsreaktion verantwortlich sind.

In eiligen Fällen kann die „Haplo“ retten

Beim Vergleich „Haplo versus Fremdspende“ sehe man kaum Unterschiede im Erfolg. Dieses Verfahren bietet auch einen Ausweg, wenn es mit der SZT sehr eilt und man nicht lang nach einem passenden Spender suchen kann. Als weitere Neuerungen nannte Dr. Wochnik verschiedene Medikamente.

So steht zur Therapie der steroidrefraktären Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD) Ruxolitinib zur Verfügung. In ersten Studien hat man damit die akute und chronische GvHD gut in den Griff bekommen – „ohne die Nebenwirkungen der Calcineurininhibitoren.“ Fortschritte gibt es auch in puncto Infektionen (v.a. Pilzinfektionen der Lunge): Dank neu entwickelter Substanzen und Antimykotika lassen sich diese heute besser kontrollieren.

Ganz neu als mögliche Alternative zur allogenen Stammzelltransplantation sind bestimmte immunologische Ansätze, Stichwort „CAR-T-Zellen“. Der chimeric antigen receptor (CAR) kann Krebszellen enttarnen und immunologisch angreifbar machen. Indem man dem Patienten entnommene Zellen mit CAR ausstattete und nach der Chemotherapie zurückinfundierte, konnte man bei bestimmten Leukämien (CD-19 +) beeindruckende Erfolge erzielen.

Quelle: 51. Ärztekongress der Bezirksärzte­­kammer Nordwürttemberg

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