Herztransplantation: Paradoxes Verteilungssytem für die Ersatzpumpe soll abgelöst werden

Spenderherzen sind knapp, auf der langen Warteliste kommen deshalb nur die Allerkränkesten zum Zuge. High Urgency, abgekürzt HU, nennt sich der Status, der es einem Betroffenen erlaubt, sich realistische Chancen auf eines der begehrten Organe auszurechnen. 85 % der Transplantate erhält in Deutschland diese Gruppe, zu der unter der Gesamtzahl der Wartenden gerade mal 15 % der Patienten zählen.
Um das Label zu bekommen, setzt Eurotransplant einen „besonders schweren Verlauf der Erkrankung mit hämodynamischer Instabilität“ voraus, wie Dr. Andreas Rieth, Oberarzt in der Kardiologie der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim, und Kollegen erklären. Um es zu behalten, müsse der entsprechende Patient unter fortlaufender Inotropikatherapie in der Klinik bei intensivartigen Bedingungen teils bis zu zwölf Monate und länger warten. Und sein Arzt den HU-Antrag alle acht Wochen aufs Neue stellen.
Das Prozedere ist nicht nur wegen der wochenlangen Katecholamintherapie umstritten. Denn um die langen Wartezeiten zu überbrücken, ist die Hälfte der Patienten irgendwann auf die Unterstützung durch ein Kunstherz angewiesen. Was aber, so die Autoren, „gleichzeitig das Ende des HU-Status nach sich zieht“.
Zu häufig werden zu kranke Personen operiert
Die deutschen Herzchirurgen machen das vorherrschende Primat der Dringlichkeit für ihre vergleichsweise schlechten Ergebnisse verantwortlich. Ihr Argument: Aufgrund der Wartelistenkriterien operieren sie zu häufig zu kranke Patienten, die auch mit neuem Herz eine schlechte Prognose haben. Aktuell werde daher auf Bundesebene intensiv an einer Neuordnung des Vergabesystems gearbeitet und ein sogenannter Cardiac Allocation Score, kurz CAS, entworfen.
Kein Herz für alte, dicke und untreue Menschen
Chronische Abstoßung bei jedem zweiten Patienten
Im Langzeitverlauf kommt es oft zu einer Adaptation des Empfängers an das Spenderorgan. Allerdings leiden auch heute noch 50 % der Patienten nach zehn Jahren unter einer chronischen Abstoßungsreaktion mit typischen Komplikationen wie der gefürchteten Transplantatvaskulopathie. Zudem müssen sie mit einem deutlich erhöhten Risiko für Karzinome – vor allem Hautkrebs –, Hypertonie, Stoffwechselerkrankungen und Niereninsuffizienz rechnen. Noch dieses Jahr soll das Bundesgesundheitsministerium seine Zustimmung zum neuen CAS-Score geben. Über den Platz an der Spitze der Wartelisten würde dann auch die Abschätzung des individuellen Mortalitätsrisikos entscheiden. Quelle Text und Abb.: Rieth A et al. Hessisches Ärztebl 2017; 78: 208-213, © Hessisches Ärzteblatt, Frankfurt a.M.Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).