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Am Rad der Zeit drehen

Das Altern geht mit einschneidenden Veränderungen einher, von denen unter anderem Stoffwechselvorgänge betroffen sind. Eine zentrale Rolle spielen intrazelluläre Signalwege, die der Aufrechterhaltung des Energiehaushalts dienen. Besteht dauerhaft ein Überangebot an Energie, geraten diese Vorgänge aus dem Gleichgewicht, erklären Marvin Stiebler vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Magdeburg und Kollegen. Den daraus resultierenden metabolischen Stress habe man mit vorzeitigem Altern und altersbedingten Krankheiten wie Krebs und atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zusammenhang gebracht.
Individueller Lebensstil hat einen entscheidenden Einfluss
Zu den wichtigsten anabolen Stoffwechselvorgängen zählt der Insulin/IGF-1*-Signalweg, der wiederum eng mit der Aktivierung des mTOR**-Proteinkomplexes verknüpft ist. Katabole Stoffwechselprozesse werden vor allem über den AMPK***-Signalweg, der zu einer Inhibition von mTOR führt, in Gang gesetzt. Der individuelle Lebensstil hat einen entscheidenden Einfluss auf die genannten Stoffwechselwege.
An Nagern und anderen Modellorganismen konnte gezeigt werden, dass eine Reduzierung der Kalorienaufnahme die Zahl der gesunden Lebensjahre vergrößert. Die Aussagekraft von entsprechenden klinischen Langzeitstudien am Menschen ist hingegen limitiert, weil die Kalorienrestriktion oft nicht dauerhaft umgesetzt wird.
Eine Alternative ist das intermittierende Fasten, bei dem die Kalorienrestriktion auf 12–16 Stunden beschränkt wird. Dieser Ansatz hat einen ähnlichen Einfluss auf die zellulären und metabolischen Vorgänge wie die klassische Kalorienrestriktion. Studien deuten darauf hin, dass ein vergleichbarer Gewichtsverlust erzielt wird. Außerdem scheint sich durch das intermittierende Fasten auch die Glukoseregulation zu verbessern, die zelluläre Stressresistenz zu erhöhen und scheinen sich die viszerale Fettmasse sowie Entzündungen zu reduzieren.
Als weiterer Ansatzpunkt sind Low-Carb- sowie ketogene Diäten zu nennen. Durch die Ketose wird der Schalter von anabolen auf katabole Stoffwechselvorgänge umgelegt. Dies lässt sich in der Regel bereits innerhalb von 12–36 Stunden nach der letzten Mahlzeit feststellen. Zudem ist das ketogene Molekül b-Hydroxybutyrat (BHB) an der Reduktion von Entzündungsmediatoren beteiligt und konnte mit weiteren positiven Effekten in Verbindung gebracht werden.
Bei körperlicher Aktivität werden ähnliche molekulare Signalwege adressiert wie bei Kalorienrestriktion und ketogener Diät. So wird beispielsweise der AMPK-Signalweg aktiviert, wodurch sich auf lange Sicht die Körperzusammensetzung verbessert und Entzündungen reduziert werden. Aufgrund der zahlreichen gesundheitsfördernden Aspekte von körperlicher Aktivität empfiehlt die WHO gesunden Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren mindestens 150 Minuten moderates oder 75 Minuten intensives aerobes Training pro Woche sowie Krafttraining für alle Hauptmuskelgruppen an mindestens zwei Tagen. Ältere Menschen mit Einschränkungen oder chronischen Erkrankungen sollten zudem an mindestens drei Tagen körperliche Übungen ausführen, die Gleichgewicht und Kraft ansprechen.
Eine wichtige Rolle spielt die Skelettmuskulatur
Doch die gesundheitlichen Vorteile von körperlicher Aktivität lassen sich nicht ausschließlich auf die Beeinflussung des Energiegleichgewichts oder die Verbesserung traditioneller Risikofaktoren zurückführen.Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Skelettmuskulatur, die bei Aktivität Myokine und Metabolite (z.B. Laktat, BHB) freisetzt und so mit anderen Organen interagiert. Das hat vielfältige Effekte, u.a. auf Lipid- und Glukosestoffwechsel, die Kognition, den Phänotyp des Fettgewebes (z.B. Umwandlung von weißem zu braunem Fettgewebe), die Knochenbildung und die Endothelfunktion.
Tausendsassa BHB
* Insulin-like Growth Factor 1
** mechanistic Target of Rapamycin
*** AMP-aktivierte Proteinkinase
Quelle: Stiebler M et al. Dtsch Z Sportmed 2021; 72: 335-343; DOI: 10.5960/dzsm.2021.507
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