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Rezidivprophylaxe im Alter

Bezüglich der Antikoagulation bei älteren Patienten mit venöser Thromboembolie (VTE) herrscht große Unsicherheit, erklärte Professor Dr. Hans-Peter Thomas von der Klinik für Geriatrie am Vivantes Ida-Wolff-Krankenhaus in Berlin. Einige Kollegen verfahren aufgrund des erhöhten Rezidivrisikos nach dem Motto „im Zweifel lieber länger“ – andere verzichten wegen Polypharmazie, Komorbiditäten und Sturzrisiko gleich ganz auf die therapeutische Antikoagulation.
Hohes Sturzrisiko ist kein Ausschlusskriterium
Das Risiko für Major-Blutungen ist bei antikoagulierten über 80-jährigen VTE-Patienten mit 2,5 % pro Jahr deutlich erhöht – genauso wie das Risiko für intrakranielle Blutungen und die Fallsterblichkeit. Ob man sich unter diesen Umständen für eine verlängerte Erhaltungstherapie entscheidet, muss sehr gut überlegt werden. Die gängigen Scores zur Einschätzung des Blutungsrisikos helfen kaum weiter. Sie wurden überwiegend bei Patienten mit Vorhofflimmern ermittelt und geben bei VTE kaum Aufschluss über die ersten drei Monate hinaus. Nach dreimonatiger Antikoagulation fischt man also mehr oder weniger im Trüben, so der Experte.
Ein hohes Sturzrisiko geht in der Regel nicht mit einem erhöhten Risiko für Major-Blutungen einher und sollte daher kein Ausschlusskriterium für eine Antikoagulation sein. Allerdings wurden die Daten dazu wiederum nur bei Vorhofflimmern und nicht bei venöser Thromboembolie erhoben.
Durch die im hohen Alter sehr häufig eingeschränkte Nierenfunktion wird das Risiko für Major-Blutungen noch weiter erhöht. NOAK scheinen in dieser Situation etwas sicherer zu sein als Vitamin-K-Antagonisten – die Datenlage bei Hochbetagten ist aber überschaubar. Das Fazit von Prof. Thomas: Eine Antikoagulation über drei Monate hinaus bedarf bei älteren multimorbiden VTE-Patienten schon wegen der erhöhten Blutungsgefahr einer sehr guten Begründung.
Auch Dr. Christoph Ploenes von der Schön-Klinik Düsseldorf riet eher zur Zurückhaltung, wenn es um die verlängerte Erhaltungstherapie bei älteren Menschen geht. Es gab zu bedenken, dass das Risiko eines VTE-Rezidivs nach sechs Monaten abnimmt, das Blutungsrisiko durch Antikoagulation aber nicht. Nach drei bis sechs Monaten müsse die Entscheidung über eine Verlängerung der Antikoagulation bewusst getroffen werden – immer wieder sei aber insbesondere bei den NOAK zu beobachten, dass unreflektiert weiterbehandelt werde.
Reduzierte NOAK-Dosis wird aktuell geprüft
Isolierte Unterschenkelthrombosen erfordern bei geriatrischen Patienten grundsätzlich nur die dreimonatige Gabe eines Antikoagulans. Die einzige wirkliche Indikation für eine verlängerte Erhaltungstherapie sah der Experte in einer Lungenembolie als Primärereignis. Sie könnte möglicherweise auch mit einer reduzierten NOAK-Dosis erfolgen, was zurzeit geprüft werde.
Quelle: 33. Jahrestagung der DGG (Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e.V.; Online-Veranstaltung)
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