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Ambulant erworben, ambulant zu behandeln?

Ambulant erworbene Pneumonien (community-acquired pneumonia, CAP) sind nach wie vor mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität verbunden. Ihre Bedeutung wird aber – verglichen etwa mit akuten kardiovaskulären Erkrankungen – verkannt, schreiben die Leitlinienautoren unter Federführung von Professor Dr. Santiago Ewig, Kliniken für Pneumologie und Infektiologie am Thoraxzentrum Ruhrgebiet.
Alleinige Thorax-Sonographie nur in Ausnahmefällen
Die unverändert hohe Klinikletalität von ca. 13 % dürfte etwas mit dieser Unterschätzung der CAP zu tun haben, vermuten die Experten. Ein wichtiges Ziel der neuen S3-Leitlinie sei es daher, die Krankenhausletalität der CAP zu senken.
Die Lungenentzündung macht sich durch Symptome wie Husten mit oder ohne Auswurf, Atemnot und atemabhängige thorakale Schmerzen bemerkbar. Allgemeinsymptome wie Fieber oder Hypothermie, Abgeschlagenheit, Muskel- und Gelenkschmerzen können hinzukommen, bei älteren Patienten auch Desorientiertheit. Zu den klinischen Befunden gehören:
- Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz
- Tachykardie, evtl. arterielle Hypotonie
- ggf. abgeschwächter Klopfschall über den Lungen, wenn Infiltrationen oder ein Erguss vorliegen
- inspiratorische Rasselgeräusche bzw. Bronchialatmen
Besteht der klinische Verdacht auf eine CAP, soll die Diagnose durch eine thorakale Bildgebung gesichert werden – und zwar nicht nur in der Klinik, sondern möglichst auch im ambulanten Bereich. Ob Thorax-Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen oder ein thorakaler Ultraschall durchgeführt werden, hängt u.a. von der Verfügbarkeit, Logistik und von Patientenfaktoren ab. Eine Thorax-Sonographie sollte allerdings nur dann allein eingesetzt werden, wenn sich ein Röntgen-Thorax nicht zeitnah anfertigen lässt.
Bestätigt sich die Verdachtsdiagnose Pneumonie, muss man entscheiden, ob der Patient ambulant behandelt werden kann oder stationär eingewiesen werden muss. Basis für diese Entscheidung ist einerseits die klinische Einschätzung des Patienten durch den Arzt. Andererseits sollte die individuelle Gefährdung mithilfe etablierter prognostischer Parameter ermittelt werden. Die Leitlinienautoren empfehlen als einfachen Score den CRB-65-Index, der eine gute Vorhersage des Letalitätsrisikos ermöglicht. Folgende Kriterien beinhaltet er:
- Atemfrequenz ≥ 30/min
- Diastolischer Druck ≤ 60 mmHg oder systolischer Blutdruck < 90 mmHg
- Bewusstseinstrübung
- Alter ≥ 65 Jahre
Für jedes erfüllte Kriterium gibt es einen Punkt, der Score berechnet sich durch Addition. Zahlen zur Versorgungssituation von hospitalisierten Patienten aus der externen Qualitätssicherung zeigen Letalitätsraten von 2 % (null Kriterien), 13 % (ein bis zwei Kriterien) und 34 % (drei bis vier Kriterien). Zur Risikostratifizierung sollten aber noch weitere Parameter herangezogen werden: der funktionelle Status, potenziell instabile Begleiterkrankungen und die Oxygenierung.
Nach 48–72 Stunden erneut untersuchen
Eine ambulante Behandlung kann erfolgen, wenn der Patient klinisch stabil erscheint und:
- der CRB-65-Index 0 Punkte ergibt
- die Sauerstoffversorgung ausreicht (SaO2 > 92 %)
- keine instabilen Begleiterkrankungen bestehen und die Funktionalität gut ist
Allerdings muss gewährleistet sein, dass der Patient eine orale Medikation sicher einnehmen und resorbieren kann, keine sozialen Kontraindikationen für eine ambulante Behandlung bestehen und keine Komplikationen (wie z.B. ein Pleuraerguss) vorliegen. Entscheidet man sich für eine ambulante Behandlung, soll nach 48–72 Stunden eine erneute Untersuchung erfolgen, da es in diesem Zeitraum nicht selten zu einer klinischen Verschlechterung kommt. Zur Antibiose schlagen die Experten Folgendes vor:
- Bei leichter Pneumonie ohne Komorbidität gibt man als initiale kalkulierte Therapie Amoxicillin oral. Alternativ kann bei Penicillinallergie oder Unverträglichkeit Doxycyclin, Azithromycin, Clarithromycin oder nachgeordnet Moxifloxacin bzw. Levofloxin gegeben werden.
- Leichte Pneumonien mit definierter, stabiler Komorbidität werden mit Amoxicillin-Clavulansäure oral behandelt. Als Alternative kommen Moxifloxacin oder Levofloxacin infrage.
Die Therapie läuft bei leichter Pneumonie über fünf Tage. Vor dem Absetzen soll der Patient mindestens zwei Tage lang eine klinische Stabilisierung gezeigt haben.
Quelle: S3-Leitlinie „Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie“, Update 2021; AWMF-Register-Nr. 020-020
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