ASS immer, Sauerstoff und Nitro eher nicht

DGIM 2024 Dr. Anna-Lena Krause

Allen Patienten mit akutem Koronarsyndrom sollte man sofort ASS geben. Allen Patienten mit akutem Koronarsyndrom sollte man sofort ASS geben. © Ali - stock.adobe.com

Allen Patienten mit Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom sollte man sofort ASS geben. Die Wirksamkeit entspricht der einer alleinigen Thrombolyse. Das gilt auch für diejenigen unter NOAK-Therapie.

Die erfreuliche Nachricht zum Herzinfarkt lautet: Die Inzidenz der Ereignisse nimmt ab. Als Gründe hierfür sind Pharmakotherapien und eine Verbesserung des Lebensstils anzunehmen. „Was aber nicht besser wird, ist die Geschlechterverteilung“, berichtete Prof. Thomas Voigtländer vom Agaplesion Bethanien Krankenhaus Frankfurt. Zwar nehme die Sterblichkeit aufgrund eines Myokardinfarkts insgesamt ab, aber die der Frauen sei noch viel zu hoch.

Das akute Koronarsyndrom umfasst instabile Angina pectoris, NSTEMI und STEMI. Die Diagnose erfolgt anhand der klinischen Symptomatik, des EKG-Befunds und des Troponinwerts. Zwar kann sich ein Infarkt bei Frauen anders äußern als bei Männern, doch die Angina pectoris bleibt bei beiden Geschlechtern das führende Symptom. Etwa 80 % der Betroffenen klagen über Brustenge und -schmerzen. Beim Troponintest ist zu beachten, dass jeder Hersteller seine eigenen Grenzwerte hat. Die Konzentrationsdifferenz nach einer Stunde, die das Vorliegen eines NSTEMI anzeigt, variiert je nach Art des Tests von 4 bis 100.

Für die Prähospitalversorgung von Patienten mit Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom gilt: Jeder bekommt sofort ASS – unabhängig davon, ob bereits ein NOAK eingenommen wird (s. Tabelle). Denn der Plättchenhemmer wirkt bei einem STEMI genauso gut wie eine alleinige Thrombolysetherapie. Zusätzlich erhalten laut der aktuellen ESC*-Leitlinie aus 2023 alle STEMI-Patienten Heparin. Es senkt die Sterbewahrscheinlichkeit, während das Blutungsrisiko im Mittel unverändert bleibt. Beim NSTEMI würde Prof. Voigtländer Heparin geben, wenn der NOAK-Spiegel gering ist, weil z.B. morgens Apixaban genommen wurde und der Infarkt am Abend stattfindet. 

Was tun beim akuten Koronarsyndrom?
InterventionEmpfehlung laut ESC-Leitlinie
ASS (150–300 mg p.o./i.v.)für alle
Heparin (70–100 I.U./kgKG i.v.)jeder mit STEMI, NSTEMI-Patienten nach individueller Risikoabschätzung
P2Y12-Inhibitorennicht in der Ersttherapie
Sauerstoffnicht bei O2-Sättigung > 90 %
Nitroglycerineher nicht empfohlen
Opioide/
Beruhigungsmittel
bei starken Schmerzen 
bzw. großer Angst erwägen
Betablockernur beim NSTEMI erwägen

Durch die Einnahme von P2Y12-Inhibitoren wie Clopidogrel, Ticagrelor oder Prasugrel lässt sich theoretisch zwar die Mortalität senken, jedoch wird dadurch die Durchführung eines operativen Eingriffs zumindest erschwert. Immerhin bekommen rund 12 % der NSTEMI-Patienten einen koronaren Bypass. Deshalb wird eine Vorbehandlung mit diesen Substanzen nicht empfohlen. Sie werden erst im Kathetherlabor im Rahmen einer Stentimplantation gegeben.

Die Entscheidung, ob sublinguales Nitrat verabreicht wird, überlässt die ESC-Leitlinie dem Ersthelfer. Es kann unter Umständen die Symptome lindern, hat aber keinen Einfluss auf die Mortalität. Patienten mit niedrigem Blutdruck, ausgeprägter Brady- bzw. Tachykardie, rechtsventrikulärem Infarkt oder ausgeprägter Aortenklappenstenose sollten es nicht bekommen. Die Sauerstoffgabe bei einer O2-Sättigung von > 90% hingegen ist eindeutig verboten, da sie der Mikrovaskulatur und dem Endothel im Infarktgefäß schaden kann. Opioide oder Beruhigungsmittel können bei starken Schmerzen bzw. großer Angst zum Einsatz kommen. Betablocker sind nur bei Patienten mit STEMI zu erwägen. 

* European Society of Cardiology

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