Myokardinfarkt: Patienten profitieren von zurückhaltender Transfusionsstrategie

Manuela Arand

Die restriktive Transfusionsstrategie ist der liberalen Strategie mindestens ebenbürtig. Die restriktive Transfusionsstrategie ist der liberalen Strategie mindestens ebenbürtig. © iStock/BlackJack3D

Bei Weitem nicht jeder Infarktpatient mit Anämie muss Transfusionen erhalten. Ein restriktives Vorgehen verbessert wahrscheinlich das Outcome.

Etwa 5–10 % der Patienten mit akutem Myokardinfarkt zeigen einen mehr oder minder stark erniedrig­ten Hämoglobinwert, der als unabhängiger Prädiktor weiterer kardialer Komplikationen und eines erhöhten Sterberisikos gilt. Damit ist aber nicht gesagt, dass die Patienten profitieren, wenn man die Anämie beseitigt.

Aus Transfusionsstudien wurden Infarktpatienten bisher meist ausgeschlossen, erklärte Professor Dr. Philippe Gabriel Steg, Hôpital Bichat Paris. Es gab nur zwei sehr kleine Arbeiten dazu mit widersprüchlichen Ergebnissen. Deshalb wurde REALITY aufgesetzt, eine randomisierte Vergleichsstudie zwischen einer restriktiven und einer liberalen Transfusionsstrategie. Restriktiv bedeutet, dass der Hb-Wert unter 8 g/dl gefallen sein musste, bevor der Patient transfundiert wurde. Ziel war, ein Hb von 8–10 g/dl zu erreichen.

Hb sank bei restriktiv Transfundierten schneller

Im liberalen Arm lag die Grenze bei 10 g/dl, angestrebt wurde ein Wert über 11 g/dl. Vergleichbare Studien sind mit chirurgischen und Blutungspatienten bereits gemacht worden, berichtete der Kollege.

In REALITY eingeschlossen wurden 668 Patienten mit akutem Myo­kardinfarkt und einer Anämie mit Hb-Werten zwischen 7 und 10 g/dl. Als Erfolgskriterien definierte man die Rate schwerer kardiovaskulärer Komplikationen – Tod, Reinfarkt, Schlaganfall, Notfallrevaskularisierung – binnen 30 Tagen sowie die Kosteneffektivität der jeweiligen Strategie im selben Zeitraum.

Beide Gruppen waren in ihren Ausgangswerten gut vergleichbar, aber bei den restriktiv behandelten Patienten sank der Hb-Wert im Mittel um 0,5 g/dl stärker ab und erreichte bis zur Entlassung auch nicht die gleiche Höhe (9,7 g/dl versus 11,1 g/dl). Während in der restriktiven Gruppe 122 von 342 Patienten mindestens ein Erythrozytenkonzentrat erhielten, waren es in der liberalen 280 von 324 Patienten. Insgesamt wurden für die restriktiv behandelten Patienten im Vergleich weniger als halb so viele Konzentrate benötigt.

Diese Einsparung ging nicht auf Kosten des klinischen Outcomes, im Gegenteil: Die Inzidenz der schweren Komplikationen lag in der restriktiv behandelten Gruppe rund 20 % unter der bei „liberal“ behandelten Patienten. Der Unterschied war allerdings nicht-signifikant. Als unerwünschte Begleiteffekte der Transfusion traten Infektionen bei 0 % vs. 1,5 % und akute Lungenschäden bei 0,3 % vs. 2,2 % der Patienten auf (jeweils p = 0,03).

Die restriktive Transfusionsstrategie hilft also nicht nur, die kostbare Ressource Blut zu sparen, sondern ist der liberalen Strategie aus klinischer Perspektive mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen, meinte Prof. Steg.

Quelle: ESC* Congress 2020 – The Digital Experience

* European Society of Cardiology

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Die restriktive Transfusionsstrategie ist der liberalen Strategie mindestens ebenbürtig. Die restriktive Transfusionsstrategie ist der liberalen Strategie mindestens ebenbürtig. © iStock/BlackJack3D