Auch für intensive Therapien nicht geeignete Erkrankte sprechen auf Kombinationen an

EHA 2024 Josef Gulden

Venetoclax-Kombinationen sind im Fokus für neu diagnostizierte und rezidivierte/refraktäre AML. Venetoclax-Kombinationen sind im Fokus für neu diagnostizierte und rezidivierte/refraktäre AML. © VectorMine – stock.adobe.com

Therapieregimen, die Venetoclax enthalten, stehen sowohl für die Behandlung der neu diagnostizierten als auch der rezidivierten/refraktären AML hoch im Kurs. In mehreren Phase-1- und Phase-2-Studien prüfen Forschende unterschiedliche Kombinationspartner.

Selbst mit einer intensiven Chemotherapie ist die Prognose von Patient:innen mit rezidivierter/refraktärer AML schlecht; erreicht werden CR-Raten von 44–55 %. In der Phase 1 der RELAX-Studie wurde durch die Gabe von hoch dosiertem Cytarabin und Mitoxantron (HAM) plus Venetoclax eine Rate von 92 % erzielt. Dr. Leo Ruhnke, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, stellte die kombinierten Ergebnisse aus den Phasen 1 und 2 vor.1 

Die 51 auswertbaren Patient:innen wiesen zu 74,5 % eine CR auf, die sich nach den unterschiedlichen ELN-Risiken wie folgt aufschlüsselte: 

  • 90,9 % für Personen mit günstiger Prognose, 
  • 88,2 % für solche mit intermediärem Risiko und 
  • 59,2 % für diejenigen mit hohem ELN-Risiko. 

Von 41 Teilnehmenden mit CR unterzogen sich neun einer Erhaltungstherapie mit Venetoclax, die zwei Erkrankte auch abschlossen. 80,5 % bekamen eine allogene Stammzelltransplantation. 

Nach median 11,2 Monaten war das mediane OS noch nicht erreicht, die Zwölf-Monats-Rate betrug 62,4 %. Das Regime, so Dr. Ruhnke, könnte gegenüber dem FLAG-Idarubicin-Venetoclax(FLAG-IDA-Ven)-Protokoll eine weniger dosisintensive und fludarabinfreie Alternative für fitte Patient:innen mit rezidivierter oder refraktärer AML bieten.

FLAG-IDA-Ven wiederum wurde in einer Phase-2-Studie bei 127 Personen mit neu diagnostizierter (n = 68) oder rezidivierter/refraktärer AML (n = 59) untersucht. In der Gruppe der neu diagnostizierten Erkrankten betrug die Ansprechrate 99 % mit 96 % bestätigten CR, davon 88 % MRD-negativ, berichtete Dr. Wei-Ying Jen, MD Anderson Cancer Center in Houston.2 Unterschiede hinsichtlich der ELN-Risikogruppen oder der Genese der AML (sekundär oder therapiebedingt) gab es nicht. 

Die Zwei-Jahres-OS-Raten erreichten 75 %, die des ereignisfreien Überlebens 68 %. Nach zwei Jahren waren 71 % noch in Remission. Gut die Hälfte erhielt eine alloSCT, die sich in einer deutlichen Verlängerung des OS auswirkte.

Bei den rezidivierten/refraktären Patient:innen belief sich die ORR auf 68 %, mit 64 % cCR (davon 76 % MRD-negativ). Hier betrugen die Zwei-Jahres-Raten für das OS 40 %, für das ereignisfreie Überleben 34 % und für die Dauer der Remission 49 %. Nach Erreichen einer Remission unterzogen sich 58 % einer alloSCT. Im ersten Rezidiv scheint ein TP53-Wildtyp günstig zu sein: Die Betroffenen schnitten mit einem medianen OS von 34 Monaten und einer Transplantationsrate von 69 % in zweiter Komplettremission besonders gut ab. 

Diesen Daten zufolge stellt FLAG-IDA-Ven ebenfalls ein vorteilhaftes Regime dar. In der Gruppe der neu diagnostizierten AML-Erkrankten führte es zu hohen MRD-Negativitätsraten unabhängig vom ELN-Risiko. Als Salvageprotokoll war es vor allem bei TP53-Wildtyp effektiv, so Dr. Jen.

Studie vorzeitig abgebrochen

Auch neue, noch nicht zugelassene Optionen werden in Venetoclax-Kombinationen erprobt. Wie Prof. Prof. Dr. Naval G. Daver, MD Anderson Cancer Center, Houston, berichtete, kombinierten Forschende in der Phase-3-Studie ENHANCE-3 den BCL2-Inhibitor mit Azacitidin und dem CD47-Antikörper Magrolimab. 378 Patient:innen mit nicht vorbehandelter AML, die für eine intensive Chemotherapie nicht infrage kamen, erhielten randomisiert Venetoclax und Azacitidin mit oder ohne Magrolimab. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, weil im Magrolimab-Arm u.a. mehr therapiebedingte Todesfälle (36 vs. 21) und weniger CR aufgetreten waren (41,3 % vs. 46 %). Die Daten demonstrieren, so Prof. Naver, wie schwierig es ist, für AML-Erkrankte, die nicht für eine intensive Therapie geeignet sind, wirksamere Optionen zu entwickeln.

Quelle:
Daver NG et al. EHA 2024; Abstract S138

Erfolgreiche Bridging-Strategie

Dr. Kathelijn Verdeyen, Amsterdam University Medical Centers, fokussierte sich in ihrem Vorrag auf die Frage nach einer Bridging-Strategie zu einer alloSCT oder einer Donor-Lymphozyten-Infusion (DLI) für Patient:innen mit rezidivierter/refraktärer AML.3 Einer retrospektiven Auswertung zufolge ist hier die Kombination aus Venetoclax und einer hypomethylierenden Substanz (HMA) erfolgreich.

Bei 111 von insgesamt 146 Personen, die Venetoclax plus eine HMA erhielten, war das Ziel explizit das Erreichen einer Konsolidierung gewesen. 39 % von ihnen erzielten eine zusammengesetzte CR (CR + CRh + CRi), 16 % weitere zumindest einen morphologisch leukämiefreien Status. In 53,2 % der Fälle gelang ein Bridging zu einer alloSCT oder DLI. Das verlängerte in dieser Subgruppe das mediane OS von 5,2 Monaten im Gesamtkollektiv auf 14,4 Monate. Vor allem Erkrankte, für die es die erste alloSCT gewesen war, profitierten mit einem medianen OS von 26,2 Monaten (vs. median 12,6 Monate bei zweiter Transplantation). 

Eine Initialtherapie für Personen, die für eine intensive Chemotherapie nicht infrage kommen, ist die Fixkombination aus Decitabin und Cedazuridin. In einer Phase-1/2-Studie wurde sie bei Patient:innen mit neu diagnostizierter oder rezidivierter/refraktärer AML oder Hochrisiko-MDS, jeweils mit aktivierenden Flt3-Mutationen, mit Venetoclax und dem Flt3-Inhibitor Gilteritinib kombiniert, erläuterte Dr. Dr. Alex Bataller, MD Anderson Cancer Center, Houston. 

Nach maximal zwei Zyklen hatten sechs von sieben Teilnehmenden mit neu diagnostizierter AML (86 %)angesprochen. Von 18 Betroffenen mit vorbehandelter Erkrankung waren es acht (44 %). Nach median 7,5 Monaten wurde die mediane Überlebenszeit nach Erstlinientherapie noch nicht erreicht, in der rezidivierten/refraktären Gruppe betrug sie 6,8 Monate. Die Kombination scheint gut zu wirken, resümierte Dr. Bataller, und besteht überdies aus ausschließlich oral verfügbaren Medikamenten.4

Quellen:
1.    Ruhnke L et al. EHA 2024; Abstract S135 
2.    Jen WY et al. EHA 2024; Abstract S136
3.    Verdeyen K et al. EHA 2024; Abstract S137
4.    Bataller A et al. EHA 2024; Abstract S139

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