Auf der falschen Fährte

Birgit Maronde

Im CT-Bild zeigt sich bei einem 67-Jährigen beidseits eine pulmonale Aktinomykose mit Kavernenbildung und Pleuraempyem. Im CT-Bild zeigt sich bei einem 67-Jährigen beidseits eine pulmonale Aktinomykose mit Kavernenbildung und Pleuraempyem. © wikimedia commons/Hellerhoff

Das Wichtigste bei der Aktinomykose ist, überhaupt an sie zu denken und bei Patienten mit zunächst unklarem Befund eine histologische und mikrobiologische Untersuchung zu veranlassen. Bestätigt sich die Vermutung, gelingt die Therapie in der Regel konservativ.

Mit Verdacht auf ein Bronchialkarzinom wird der 51-Jährige eingewiesen. Er habe Husten, Nachtschweiß und in letzter Zeit vier Kilo an Gewicht abgenommen, berichtet der Mann. Drei Monate zuvor war er wegen einer dicken Backe von seinem Zahnarzt behandelt worden. Initial habe er Fieber gehabt, das sei aber durch das eingesetzte Antibiotikum wieder verschwunden. Vorerkrankungen sind bei dem Patienten nicht bekannt. Er ist Nichtraucher, in seinem Beruf als Dachdecker hatte er schon mal mit Asbest Kontakt.

Drusennachweis durch die Histologie

In der CT zeigt sich im rechten Lungenunterlappen eine große Raumforderung, die durchaus an ein Lungenkarziom denken lässt. In der folgenden Bronchoskopie fällt makroskopisch reichlich eitriges Sekret vor allem im rechten Unterlappen auf. Die Histologie spricht für einen  Entzündungsprozess, Tumorzellen lassen sich nicht nachweisen. Die Mikrobiologie bleibt ohne eindeutigen Befund. Die Ärzte führen eine Endosonographie durch, mit der rechts paraösophageal die Darstellung einer intrapulmonalen echoarmen Raumforderung gelingt. Sie wird mittels Feinnadel punktiert. Zwar ergibt die Histologie auch diesmal keinen Tumorzellnachweis, dafür finden sich aber zahlreiche vitale Aktinomyzesdrusen. Die Diagnose lautet daher: Aktinomykose!

Differenzialdiagnosen der thorakalen Aktinomykose

  • maligne Tumoren
  • Infektion mit Mykobakterien
  • Pneumonie
  • Lungenabszess
  • Bronchiektasien
  • Aspergillom

Sechs Monate lang wird der Patient antibiotisch behandelt, zunächst 14 Tage stationär mit täglich 4 x 5 Mio Einheiten Penicillin i.v., anschließend mit 100 mg/d Doxycyclin oral. Bereits bei der Klinikentlassung haben sich CRP und Leukozyten normalisiert, die Kontrolle nach drei Monaten ergibt keine pathologischen Befunde. Nach insgesamt sechs Monaten ist auch in der CT keine Aktinomykose mehr nachweisbar, sodass die Therapie beendet werden kann.    Aktinomyzeten sind grampositive, anaerobe fadenförmige Bakterien, die verzweigte Filamente bilden. Sie gehören zur normalen Flora des Oropharynx, besiedeln aber auch Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt. Deswegen ist der kulturelle Nachweis nur aus einer sterilen Biopsie beweiskräftig, betonte Professor Dr. Dirk Koschel, Fachklinik Coswig und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden. Wegweisend für die Diagnosestellung sei der histologische Nachweis der Erreger im Biopsiematerial.

Zwei Monate vergehen bis zur Diagnose

Die Aktinomykose kann viele Organsystem befallen, überwiegend manifestiert sie sich aber zervikofazial, nur selten thorakal. Mit einer Immunsuppression ist sie nicht assoziiert, wohl aber mit schlechter Mundhygiene, Aspirationen und strukturellen Lungenerkrankungen. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen finden sich allerdings keine Komorbiditäten.  Die klinischen Symptome der thorakalen Aktinomykose sind unspezifisch. Die Patienten klagen über Husten, purulentes Sputum, Fieber, Brustschmerz, Gewichtsverlust oder auch Nachtschweiß. Bis die Diagnose gestellt wird, vergehen im Durchschnitt zwei Monate. Bei mehr als 80 % der Betroffenen zeigen sich in der Bildgebung zumeist einseitig eine Raumforderung oder Infiltrate. In der obligatorischen CT stößt man in bis zu 75 % der Fälle auf Einschmelzungen. Etwa jeder dritte Patient hat mediastinale Lymphknotenvergrößerungen, etwa jeder fünfte einen Pleuraerguss. In bis zu 35 % der Fälle ist ein endobronchialer Befall nachweisbar. Im Labor finden sich zumeist nur moderat erhöhte Entzündungswerte.  Unter einer konservativen Therapie hat die thorakale Aktinomykose eine exzellente Prognose, sagte Prof. Koschel. Ein chirurgisches Eingreifen ist nur nötig, wenn Komplikationen, etwa Hämoptoe oder Empyem, auftreten. Der Kollege empfiehlt, die intravenöse Gabe von 20–30 Mio/IE/d Penicillin G über zwei bis sechs Wochen, um dann bei gutem Ansprechen auf orales Penicillin, Amoxicillin oder Doxycyclin umzustellen. Behandelt wird solange, bis eine klinische und radiologische Heilung erzielt ist, mindestens aber drei Monate lang.

Mögliche Komplikationen

  • Hämoptysen
  • Verlegung der Atemwege
  • Fortschreiten der Infektion über anatomische Barrieren:
  • Empyem
  • Destruktion von Throraxwand und Rippen
  • Infiltration von Peri- und Myokard
  • Infiltration der großen Gefäße mit Einflussstauung
  • Infiltration des Zwerchfells mit abdominaler Manifestation
  • Bakteriämie

Die erste Röntgenkontrolle sollte nach zwei bis vier Wochen erfolgen, um zu sehen, ob der Patient überhaupt auf die Behandlung anspricht. Nach drei Monaten erfolgt in der Regel die zweite Kontrolle, anhand derer sich entscheidet, ob die Therapie gestoppt werden kann oder weitergeführt werden muss.

Kongressbericht: 8. Symposium Seltene Lungenerkrankungen im virtuellen Fokus

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Im CT-Bild zeigt sich bei einem 67-Jährigen beidseits eine pulmonale Aktinomykose mit Kavernenbildung und Pleuraempyem. Im CT-Bild zeigt sich bei einem 67-Jährigen beidseits eine pulmonale Aktinomykose mit Kavernenbildung und Pleuraempyem. © wikimedia commons/Hellerhoff