Auf neuronalen Wegen

Dr. Karin Kreuel

Eine Post-hoc-Analyse belegte die Steigerung der Insulinsensitivität ausschließlich für die Testpersonen, die Verumgaben erhalten hatten. Eine Post-hoc-Analyse belegte die Steigerung der Insulinsensitivität ausschließlich für die Testpersonen, die Verumgaben erhalten hatten. © eyetronic – stock.adobe.com; Victor Moussa – stock.adobe.com

Eine Insulinresistenz im Gehirn lässt sich offenbar medikamentös behandeln. Eine Phase-2-Studie bei Personen mit Prädiabetes legt nahe, dass dieser Wirkmechanismus zu einigen der bekannten positiven Effekte von Empagliflozin beiträgt.

Übergewicht und Typ-2-Diabetes sind häufig mit einer Insulinresistenz im Gehirn assoziiert, die wiederum die Regulation des peripheren Metabolismus beeinträchtigt. Bisher gibt es dafür keine pharmakologische Behandlung. Könnte Empagliflozin ein geeigneter Kandidat sein? Diese Frage untersuchte ein Team um Prof. Dr. Martin Heni und PD Dr. ­Stephanie ­Kullmann vom Institut für Diabetesforschung und metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, einem Partner des DZD.

An der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-2-Studie nahmen 40 Personen mit Prädiabetes teil. Voraussetzung waren eine gestörte Glukosetoleranz bzw. ein gestörter Nüchternblutzucker sowie Übergewicht (durchschnittlicher BMI: 31,5 ± 3,8 kg/m²). Von den Teilnehmenden erhielten 21 Placebo und 19 Empagliflozin (25 mg/d). Das Durchschnittsalter lag bei 60 ± 9 Jahren. Die Insulinsensitivität im Gehirn bestimmten die Forschenden durch funktionelle MRT-Bildgebung in Kombination mit intranasal verabreichtem Insulin. Das Insulin-Nasenspray ermöglicht eine selektive Stimulation der Hirnaktivität, wobei nur marginale Mengen des Hormons ins Blut gelangen.

Hirnsensitivität für Insulin vermittelt wohl Leberfettsenkung

Zu Studienbeginn war – wie erwartet – kein Insulineffekt auf den Hypothalamus messbar. Diese Resistenz sank in der Prüfgruppe: Nach acht Wochen unter Empagliflozin registrierten die Wissenschaftler*innen eine Zeit-/Behandlungs-Interaktion im Hypothalamus. Diese war auch nach Adjustierung für BMI allein bzw. für BMI, Geschlecht und Alter signifikant. Eine Post-hoc-Analyse belegte die Steigerung der Insulinsensitivität ausschließlich für die Testpersonen, die Verumgaben erhalten hatten. Auch sank das per Fragebogen ermittelte Hungergefühl im nüchternen Zustand unter dem SGLT2-Hemmer. Auf die periphere Insulinsensitivität nahm das Medikament keinen Einfluss, auch nicht auf das Körpergewicht.

Mittels Mediationsanalysen (siehe Kasten) untersuchten Prof. Heni und sein Team, ob die hypothalamische Insulinsensitivität als Vermittler zwischen Empagliflozin und mehreren abhängigen Variablen fungiert. Es ergab sich ein signifikanter, negativer, indirekter Effekt durch die Behandlung: Bei unveränderter Kalorienzufuhr waren sowohl der Leberfettanteil als auch der Nüchternblutzucker geringer als zu Studienbeginn. 

Mediationsanalyse

Der Begriff bezeichnet ein statistisches Verfahren, mit dem versucht wird, eine Kausalität und eine zeitliche Abfolge zwischen zwei Variablen zu erklären. Dabei wird der kausale Zusammenhang zwischen einem Prädiktor (z.B. einer Therapie) und einer Outcome-Variable (z.B. Leberfettanteil) sowie ihr Verhältnis zu einer dritten Mediator-Variable (z.B. Insulinreaktion des Hypothalamus) analysiert. Verglichen werden dabei der direkte Einfluss des Prädiktors auf die Outcome-Variable – ohne Beteiligung des Mediators – mit dem indirekten Effekt, vermittelt über den Mediator. Eine der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Methode ist die Linearität des Zusammenhangs.

„Zumindest ein Teil der positiven Effekte von SGLT2-Inhibitoren scheint auf einem intakten Cross-Talk zwischen dem Gehirn und den peripheren Geweben über das parasympathische Nervensystem zu erfolgen“, schlussfolgerte das Studienteam. Somit könnte eine Behandlung mit Empagliflozin bereits im prädiabetischen Stadium dabei helfen, wesentliche Risikofaktoren für Diabetes und kardiovaskuläre Komplikationen zu verringern.

Quelle: Kullmann S et al. Diabetes Care 2021; DOI: 10.2337/dc21-1136

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Eine Post-hoc-Analyse belegte die Steigerung der Insulinsensitivität ausschließlich für die Testpersonen, die Verumgaben erhalten hatten. Eine Post-hoc-Analyse belegte die Steigerung der Insulinsensitivität ausschließlich für die Testpersonen, die Verumgaben erhalten hatten. © eyetronic – stock.adobe.com; Victor Moussa – stock.adobe.com