Aufwertung eines Keims

DGIM 2023 Dr. Angelika Bischoff

Durch Eradikation von H. pylori lassen sich Rezidive gastraler und duodenaler Ulzera verhindern. Durch Eradikation von H. pylori lassen sich Rezidive gastraler und duodenaler Ulzera verhindern. © Science Photo Library/Cavallini, James

Mittlerweile gilt eine Helicobacter-pylori-Gastritis als behandlungsbedürftige bakterielle Erkrankung des Magens – ob die Infektion nun mit Symptomen einhergeht oder nicht. Eine Expertin erklärte, was an der aktualisierten Leitlinie neu ist und worauf es heute bei Diagnostik und Therapie ankommt. 

Würde man alle Erwachsenen in Deutschland auf Helico­bacter pylori testen, käme man auf eine Prävalenz von 30 bis 40 %, erklärte PD Dr. Kerstin­ Schütte­ vom Marienhospital Osnabrück. Das generelle Screening wird aber auch in der aktualisierten S2k-Leitlinie zu Helico­bacter pylori und der gastroduodenalen Ulkuskrankheit nicht empfohlen. Heute gibt es aber weitaus mehr Indikationen für einen Test auf den Magenkeim als noch vor einigen Jahren.

Als Risikofaktor für Magen­geschwüre spielt der Erreger eine ebenso wichtige Rolle wie die nicht-selektiven NSAR, so die Fachärztin für Innere Medizin und Gastro­enterologie. Patienten mit peptischem Ulcus ventriculi oder duodeni sollen daher auf eine Infektion mit H. pylori­ getestet werden. Zumindest bei Ulcera duodeni mit positivem Erregernachweis hat sich die Eradikationstherapie als effektiv erwiesen, beschrieb die Referentin. Diese Behandlung verhindert zudem Rezidive gastraler und duodenaler Ulzera.

Endoskopie in Abhängigkeit von Alter und Risikofaktoren

Auch zur Abklärung dyspeptischer Beschwerden sollte man auf H. pylori­ testen. Patienten im Alter unter 50 Jahren ohne Risikosymptome wie Dysphagie, Blutungen oder Gewichtsverlust können nicht-invasiv untersucht werden, bei älteren Menschen und solchen mit besonderem Risiko ist die Endoskopie erforderlich. Bei positivem Resultat und gleichzeitigem Vorliegen dyspeptischer Beschwerden über vier Wochen oder mehr lassen sich die Symptome durch eine Eradikation für bis zu 10 % der Patienten anhaltend bessern, auch bei unauffälligem Endoskopiebefund.

Neu in der S2k-Leitlinie ist die Empfehlung zur H.-pylori-­Testung bei geplanter oder laufender Behandlung mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI), berichtete die Expertin. Denn unter PPI-Dauertherapie kann es zu atrophischen Veränderungen der Magenkorpusschleimhaut und zur korpusdominanten H.-pylori-­Gastritis kommen, beides verbunden mit einem erhöhten Risiko für Magenkarzinome. Indiziert ist die H.-pylori-Diagnostik auch bei der Langzeitbehandlung mit ASS oder NSAR. Diese Medikation plus eine bestehende Infektion mit dem Magenkeim erhöht das Ulkusrisiko um 70 %.

Eradikation senkt Risiken einer ASS-Dauertherapie

In einer aktuellen randomisierten und placebokontrollierten Studie wurde der Nutzen der Eradikationstherapie bei H.-pylori-positiven Patienten unter ASS-Dauertherapie geprüft. Das Risiko für Tod oder Klinik­einweisung wegen Ulkusblutung nahm über die zweieinhalbjährige Beobachtungszeit um 65 % ab.

Zudem sollte ein Test auf den Erreger bei Patienten mit MALT*-Lymphomen erfolgen. Die Keim­eradikation kann die Lymphome zur Regression bringen, auch wenn H. pylori­ nicht nachweisbar ist.

Das durch H. pylori­ induzierte Magenkarzinom verursacht weltweit ein Drittel aller infektionsbedingten Malignome. Es ist damit der häufigste erregerinduzierte Krebs überhaupt. In Regionen mit hoher Erregerprävalenz bei gleichzeitig hoher oder intermediärer Magenkarzinom­inzidenz kann das Screening auf H. pylori­ mit anschließender Eradikation die Krebsprävalenz senken, erläuterte Dr. Schütte­. Deutschland ist allerdings keine solche Region.

Vier Gruppen von Risikopatienten profitieren vom Screening: 

1. Verwandte ersten Grades von Magenkrebspatienten. Ihr Tumorrisiko nimmt nach erfolgreicher Eradikationstherapie um gut 70 % ab.

2. Patienten, die bereits an einer Neoplasie des Magens erkrankt waren. Bei erwiesener Infektion halbiert sich ihr Risiko für metachrone Karzinome durch die Eradikation. 

3. Patienten mit fortgeschrittener, korpusprädominanter atrophischer Gastritis mit oder ohne intestinale Metaplasie.

4. Menschen, die in einem H.-pylori-Hochprävalenzgebiet, das gleichzeitig ein Hochinzidenzgebiet für das Magenkarzinom ist, geboren oder aufgewachsen sind.

Der bisherige Leitlinientext hatte noch zwei verschiedene Testverfahren mit positivem Ergebnis gefordert, um die Eradikation rechtfertigen zu können. Mit der Aktualisierung kann in bestimmten Situationen die zweite Untersuchung entfallen:

  • bei positiver Erregeranzucht

  • bei Patienten mit Ulcus duodeni 

  • bei histologischem Nachweis von H. pylori­ in Kombination mit chronisch aktiver Gastritis

Das Screening sollte bei Patienten über 40 Jahren immer endoskopisch und bioptisch erfolgen.

Keimdichte in bestimmten Situationen vermindert

Zu bedenken ist, dass unter bestimmten Gegebenheiten die Keimdichte vermindert ist, was zu falsch negativen Testergebnissen führen kann. Dies ist z.B. unter einer PPI-Therapie oder bei Einsatz H.-pylori-wirksamer Antibiotika der Fall, ebenso bei Mukosaatrophie, Karzinomen oder MALT-Lymphomen des Magens sowie bei akuten Blutungen im oberen Gastro­intestinaltrakt. Speziell die Sensivität des 13C-Harnstoff-Atemtests ist nach einer Magenteilresektion eingeschränkt. Die Testung muss gut geplant sein: PPI sollen vierzehn Tage vorher abgesetzt werden, Antibiotika vier Wochen.

In Europa beobachtet man heute Resistenzraten gegenüber Metronidazol von 40 %. In Deutschland sind mehr als 20 % der H.-pylori-Stämme unempfindlich gegen Clarithromycin. Zur Eradikation wird heute in erster Linie zu einer bismut­basierten Quadrupeltherapie für mindestens zehn Tage geraten.

Der Erfolg einer Eradikationstherapie sollte nach mindestens vier Wochen überprüft werden. Lag kein Ulkus vor, erfolgt dies üblicherwiese nicht-invasiv, etwa mittels 13C-Harnstoff-Atemtest oder per Stuhlantigentest. Bei einem Ulcus ventriculi muss ein Magenkarzinom sicher durch eine ausreichend hohe Anzahl an Biopsien ausgeschlossen werden. Die Abheilungskontrolle erfolgt nach vier bis acht Wochen endoskopisch.

* mucosa associated lymphoid tissue

Kongressbericht: 129. Kongress der DGIM

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