Augen, Ohren und Gelenke von Kindern mit Down-Syndrom regelmäßig kontrollieren

Dr. Dorothea Ranft

Rund 85 % der Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom leiden an Sehstörungen wie z.B. Refraktionsanomalien. Rund 85 % der Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom leiden an Sehstörungen wie z.B. Refraktionsanomalien. © Thinkstock

Junge Patienten mit Down-Syndrom (DS) leiden häufig unter speziellen Gesundheitsproblemen. Eine neue Leitlinie* erleichtert Therapie und Diagnostik. Wir haben das Wichtigste in einer Serie zusammengefasst, in Folge 2 geht es um Hör- und Sehstörungen und lockere Gelenke.

Bei Kindern mit Trisomie 21 stört schlechtes Hören häufig den Sprach­erwerb. Drei Viertel der von der genetischen Anomalie Betroffenen leiden nämlich an Schwerhörigkeit. Ursache ist meist eine chronisch gestörte Tubenventilation. Begüns­tigt wird diese durch anatomische Besonderheiten von Mittelgesicht und Ohrtrompete sowie eine Hypotonie des Gaumensegels. Unbehandelt drohen schwere Folgeschäden bis hin zum Cholesteatom. Hörstörungen zeigen sich oft bereits im Neugeborenalter. Sicherheitshalber sollte das Gehör bis zum 10. Lebensjahr halbjährlich geprüft werden. Bei unauffälligem Befund genügt ab dem 5. Lebensjahr eine jährliche Kontrolle. Paukenergüsse sollten bei Down-Kindern möglichst frühzeitig (< 3 Monate nach Diagnose) mittels Parazentese und Paukenröhrchen behandelt werden. Auch einer Versorgung mit Hörgeräten und sogar Cochlea-Implantaten steht das Down-Syndrom nicht entgegen.

Rheuma oft übersehen

Down-Kind mit schmerzhaften Gelenken, das könnte eine idiopathische Arthritis (JIA) sein. Sie tritt bei Trisomie 21 vermehrt auf, wird aber oft erst spät diagnostiziert. In der Therapie hat sich Methotrexat als effektiv und sicher erwiesen, Bedenken wegen des erhöhten Leukämie-Risikos sind unbegründet, so die Autoren.
Gegen den chronisch offenen Mund und die Zungenprotrusion hilft ein neurophysiologisches Therapiekonzept, unterstützt durch eine Gaumenstimulationsplatte. Gesichtsausdruck und Sprachentwicklung lassen sich mit der bereits im ersten Lebensjahr einsetzenden Behandlung deutlich verbessern. Je ausgeprägter die Störungen sind, desto mehr profitieren die Kinder. 

Sehstörungen von Eltern häufig nicht bemerkt

Ein weiteres wichtiges Problem: Rund 85 % der Kinder und Jugendlichen mit DS leiden an Sehstörungen, darunter auch solchen, die sich meist erst im Senium manifestieren (z.B. Katarakt). Visuelle Defizite können die frühkindliche Entwicklung erheblich beeinträchtigen, denn 80 % aller sensorischen Informationen werden in diesem Alter über die Augen bereitgestellt.   Umso wichtiger sind eine frühe Diagnostik und Therapie etwaiger Sehstörungen. Bei Neugeborenen sollten Auffälligkeiten wie Ptosis oder Leukokorie (weißes Schimmern der Pupille bei angeborener Katarakt) umgehend abgeklärt werden. Auch wenn das Baby nach dem 3. Monat noch nicht richtig fixieren kann, schielt oder einen Nystagmus entwickelt, ist ophthalmologische Kontrolle gefragt. Äußerlich unauffällige Kinder sollten bis zum 1. Geburtstag augenärztlich untersucht werden (inkl. Sehschärfe), entsprechende Störungen werden von den Eltern oft nicht bemerkt. Anschließend folgt ein jährlicher Augen-TÜV, der später auftretende Störungen (z.B. Katarakt, Keratokonus, hohe Refraktionsanomalien) erfasst. Auch die Gelenke verdienen bei jungen Down-Patienten ein besonderes Augenmerk: Durch eine angeborene Hypermobilität kommt es nicht selten zu Subluxationen und Dislokationen, was z.B. an der Halswirbelsäule gefährlich werden kann. Rund 60 % der Kinder mit DS haben einen Plattfuß (Pes planus), unbehandelt kann dieser das Gehvermögen erheblich beeinträchtigen. Als Gegenmittel setzen die Leitlinienautoren auf Gewichtsreduktion und Bewegung, gerne auch Sport. Schließlich bedeutet das Down-Syndrom keine Einschränkung der Sportfähigkeit. Instabile Sprunggelenke sollten mit Orthesen versorgt werden, sie sind effektiver als Einlagen.  

Störungen entwickeln sich, sobald Kind laufen kann

Ein weiteres häufiges Problem ist die Instabilität der Kniescheibe – vermittelt durch X-Beinstellung und vermehrte Bandlaxizität. Die konservative Behandlung mit Orthesen wird schlecht akzeptiert, deswegen müssen nicht selten bereits jüngere Kinder wegen einer habituellen Patellaluxation operiert werden. Auch Abnormalitäten des Hüftgelenks sind mit einem Anteil von 8 % bei DS-Patienten ebenfalls nicht selten, was die Bedeutung des neonatalen Ultraschall-Screenings (U3) unterstreicht. Dislokationen entwickeln sich meist erst, wenn das Kind laufen kann. Eine sekundäre Hüftdysplasie sollte zwischen 5. und 8. Lebensjahr per Beckenübersicht ausgeschlossen werden. Eine besonders kritische Region ist der Übergang zwischen Schädel und Halswirbelsäule: 10–30 % der Patienten mit DS haben eine atlanto­axiale Instabilität. Schon bei einer minimalen Subluxation kann das Rückenmark komprimiert werden, neurologisch auffällig werden allerdings nur 1–2 % der Patienten. Sicherheitshalber wird empfohlen, bei der jährlichen Untersuchung nach Symptomen wie Gangbildveränderungen, Nackenschmerz, Kontinenzproblemen zu fragen. Die Diagnose lässt sich ggf. mit einer seitlichen Röntgenaufnahme der HWS sichern. 

* S2k-Leitlinie „Down-Syndrom im Kindes- und Jugendalter“, erstellt unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), AWMF-Register Nr. 027/051

Mit Leukämie geboren?

Jedes hundertste Kind mit DS erkrankt an Leukämie, das entspricht einem 20-fach erhöhten Risiko, für die AML ist das Risiko unter 5 Jahren sogar 100-fach gesteigert. 5–10% der DS-Kinder werden mit einer transienten myeloproliferativen Erkrankung (TMD) geboren, deren hämatologisches Bild einer downspezifischen mye­loischen Leukämie (ML-DS) gleicht, die sich vor dem 5. Lebensjahr manifestiert. Die TMD bildet sich zwar meist zurück, kann schon für den Fetus aber lebensbedrohlich sein (z.B. Hydrops fetalis).

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Rund 85 % der Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom leiden an Sehstörungen wie z.B. Refraktionsanomalien. Rund 85 % der Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom leiden an Sehstörungen wie z.B. Refraktionsanomalien. © Thinkstock