Paukenerguss sollte innerhalb von drei Monaten von allein heilen

Dr. Dorothea Ranft

Ist die Paukenhöhle mit Flüssigkeit gefüllt, kann das Trommelfell kaum noch schwingen. Der Hörverlust liegt meist bei 20–30 dB, normalisiert sich später aber wieder. Ist die Paukenhöhle mit Flüssigkeit gefüllt, kann das Trommelfell kaum noch schwingen. Der Hörverlust liegt meist bei 20–30 dB, normalisiert sich später aber wieder. © fotolia/romaset; wikimedia/welleschik

Ein Paukenerguss klingt meist spontan ab. Verzögert sich die Heilung jedoch, kann dies das Gehör und die Sprachentwicklung erheblich beeinträchtigen. Kinder mit Risikofaktoren wie z.B. einem Down-Syndrom sollten daher zeitnah operiert werden.

Meist bahnen Atemwegsinfekte, wie Rhinosinusitis oder Adenoiditis, eine gestörte Tubenfunktion oder eine vorherige Mittelohrentzündung dem Paukenerguss den Weg. Das Sekret staut sich in Tube und Mittelohr, da der Abtransport in den Nasenrachenraum gestört ist. Eine anhaltend dysfunktionale Tubenbelüftung beeinträchtigt auch die Trommelfellbeweglichkeit. Bei jedem Zweiten entsteht im Schnitt ein Hörverlust von 20–30 dB, der sich meist erst nach 4–5 Monaten wieder normalisiert.

Bis zum Schulalter hatten rund 80 % der Kinder einen, auch Seromukotympanon genannten, Paukenerguss. Ein besonders hohes Risiko besteht z.B. bei kraniofazialen Fehlbildungen oder Down-Syndrom (generell engere Gänge). Auch wenn der Nasenrachen durch hyperplastische Adenoide verlegt wird, kann das einen Paukenerguss fördern. Ein spontanes Abheilen ist möglich, wird aber unwahrscheinlicher, je länger der Erguss besteht.

Diagnostisch sollten Dauer und Ausmaß der Hörminderung ebenso eruiert werden, wie Ohrgeräusche, Schwindel, Infektionen oder Allergien bzw. andere Behinderungen der Nasenatmung. Die anhaltende akus­tische Beeinträchtigung kann insbesondere bei einem persistierenden beidseitigen Paukenerguss mit Hörverlust die Entwicklung des Kindes stark verlangsamen. Eltern sollten daher über den negativen Einfluss auf das Sprachvermögen aufgeklärt werden, heißt es in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Zusätzlich ist es wichtig, Kinder mit erhöhtem Risiko für Sprach- und Lernprobleme zeitnah (ggf. fachärztlich) zu behandeln und engmaschiger zu kontrollieren.

Bei der klinischen Untersuchung sollten die Gehörgänge und Trommelfelle begutachtet werden, auch um eine Otitis media auszuschließen (s. Kasten). Bei persistierendem Paukenerguss oder unklarem Ohrbefund wird eine mikroskopische Beurteilung empfohlen, ggf. auch eine Tympanometrie. Wichtig ist zudem eine Inspektion von Mundhöhle und Oropharynx, um Pathologien von Septum, Nasenschleimhaut und Gaumen zu erkennen. Zur orientierenden Gehörprüfung genügt der Stimmgabeltest.

Paukenerguss oder Otitis media?

Bei einem Paukenerguss befindet sich nicht-eitrige Flüssigkeit im Mittelohr. Das Trommelfell ist intakt und frei von Entzündungszeichen. Anders als bei der akuten Otitis media bestehen in der Regel weder Schmerzen noch eine Rötung des Trommelfells. Paukenergüsse können sowohl akut und akut rezidivierend auftreten als auch chronisch bestehen.

Keine Kortikoide, Antibiotika oder Antihistaminika

Wie der Paukenerguss therapiert wird, entscheidet sich individuell: Bei Kindern ohne zusätzliche Risikofaktoren sollte man etwa drei Monate abwarten und den Selbstheilungskräften eine Chance lassen. Konservativ kann versucht werden, z.B. über Valsalva-Überdruck-Manöver, Politzer-Ballons und das nasale Aufblasen eines speziellen Luftballons die Ohr-Belüftung wiederherzustellen. Systemische Glukokortikoide, Antibiotika und Antihistaminika sollten bei Kindern ohne Begleitsymptome nicht zur Therapie verwendet werden. Auch von einer antibiotischen Erguss-Prophylaxe nach Otitis media raten die Leitlinienautoren ab. Die Indikation für einen operativen Eingriff ist gegeben, wenn
  • symptomatische Paukenergüsse länger als drei Monate persistieren oder rezidivieren und ein Hörverlust vorliegt.
  • Der Erguss sich nicht kurzfristig resorbieren wird und zusätzliche Risikofaktoren bestehen: kraniofaziale Dysmorphien mit kognitiver oder sprachlich expressiver Mitbeteiligung, Down-Syndrom o.ä., Innenohr-Schwerhörigkeit, Sehschwäche oder -behinderung bzw. (Sprach-)Entwicklungsstörungen.
  • Uni- oder bilateraler Hörverlust mit Begleitsymptomen: Gleichgewichtsstörungen, Schmerzen, Verhaltensauffälligkeit (z.B. in der Schule), Frust, Aggressivität oder Rückzug,
  • drohender Trommelfellschaden,
  • atrophe Atelektase.
Bei der Kombination von Rachenmandelhyperplasie und länger als drei Monate anhaltendem Seromukotympanon wird Kindern über vier Jahren eine Adenotomie und Parazentese ggf. mit Paukenröhren als Ersteingriff empfohlen. Sonst genügt die einfache Drainage mittels Parazentese oder Röhrchen.

Und bei Erwachsenen?

Bei Erwachsenen ist ein Seromukotympanon verhältnismäßig selten. Persistiert der Paukenerguss ohne erkennbare andere Ursache, sollte ein Tumor ausgeschlossen werden.

Und wie steht es mit der Wassertauglichkeit? Patienten mit Röhrchen können beim Schwimmen, Baden oder Duschen im Allgemeinen auf schützende „Ohrstöpsel“ verzichten, schreiben die Leitlinienautoren. Kinder mit aktiver oder rezidivierender Otorrhö sollten allerdings einen Gehörgangsschutz tragen. Tauchen und Wasserspringen sind für alle Patienten mit Mittelohrdrainage tabu. Eine unkomplizierte akute Otorrhö sollte bei liegendem Paukenröhrchen mit chinolonhaltigen Ohrentropfen (z.B. Ciprofloxacin) behandelt werden (Zulassung für Paukenröhrchen). Ein pumpender Druck auf den Tragus erleichtert die Penetration des Wirkstoffs ins Mittelohr. Aminoglykosidhaltige Tropfen kommen wegen der Ototoxizität nicht infrage. Als unkompliziert gilt die Otorrhö, wenn weder Fieber noch ein Begleitinfekt oder eine Entzündung im umgebenden Gewebe vorliegen. 

Quelle: S2k-Leitlinie „Seromukotympanon“; AWMF-Register Nr. 017/004, www.awmf.org

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Ist die Paukenhöhle mit Flüssigkeit gefüllt, kann das Trommelfell kaum noch schwingen. Der Hörverlust liegt meist bei 20–30 dB, normalisiert sich später aber wieder. Ist die Paukenhöhle mit Flüssigkeit gefüllt, kann das Trommelfell kaum noch schwingen. Der Hörverlust liegt meist bei 20–30 dB, normalisiert sich später aber wieder. © fotolia/romaset; wikimedia/welleschik