Ballendrücken, Zehenstand: Gute Tipps zur Fußuntersuchung

Dr. Carola Gessner, Foto: thinkstock

Klagt ein Patient über Schmerzen im Fuß, kommen unzählige Differenzialdiagnosen in Betracht.

Wie untersuchen Sie Zehen, Ballen und Ferse? Wie prüfen Sie Sehnenfunktionen? Und erkennen Sie gravierende Schuhprobleme? Am besten lassen Sie den Patienten nicht nur seine Schuhe ausziehen, sondern pflücken auch Sohlen bzw. Einlagen heraus und betrachten Füße, Schuhe und Sohlen nebeneinander. Nicht selten werden Sie gerade bei älteren Patienten feststellen, dass der Fuß breiter ist als die Einlage.

Ist der Fuß breiter als die Einlage?

Diabetiker mit Neuropathie quetschen sich eventuell vorsätzlich die Füße, „weil sie das Gefühl von Schuh noch haben wollen“, wie Dr. Dr. Michael Gabel, Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie, Sektionsleiter Fuß und Sprunggelenk im Diakonie-Klinikum Stuttgart, berichtete. Der Kollege untersucht seine Patienten gern sitzend auf der Liege. „Da habe ich sie vor mir und kann ihnen auch ins Gesicht sehen.“


Man begutachtet zunächst die Fußform: Hat der Patient einen griechischen Fuß, bei dem die zweite Zehe am längsten ist, oder einen ägyptischen Fuß mit dominanter Großzehe? Ein griechischer Fuß hat per se keinen Krankheitswert, betonte Dr. Gabel. Wenn aber die zweite Zehe sehr lang ist und sich bereits eine Hammerzehe gebildet hat, kann man sich überlegen, ob man sie operativ kürzt, sodass sie in die Reihe passt. Fußfehlformen wie Hallux valgus oder „Schneiderballen“ (Spiegelbild des Hallux valgus) werden ebenfalls auf den ersten Blick registriert.

Hammerzehe fixiert? Push-up-Test zeigt‘s

Es folgt die manuelle Untersuchung des Fußes inklusive Pulspalpation. Auffällige Befunde wie Hornhautschwielen, Bursen, Ganglien werden ebenfalls abgetastet. Was man nicht auf den ersten Blick sieht, darüber macht man sich ggf. mit funktionellen Tests ein Bild. Wie ist der Zustand tiefer Strukturen wie der für das Fußgewölbe wichtigen kleinen Muskeln (Mm. lumbricales und interossei)? Schwächeln die schon stark z.B. aufgrund von „Schuhverwöhnung“ oder kann der Patient noch gut seine Zehen spreizen? Hat vielleicht eine diabetische Neuropathie schon für kontrakte Zehenfehlstellungen gesorgt?

Push-up-Test positiv: Physiotherapie ist noch erfolgverprechend

Ob Hammerzehen schon fixiert sind, finden Sie mit dem einfachen „Push-up-Test“ heraus. Wenn Sie unten an der Fußsohle drücken und sich durch den Druck auf den Ballen die Mittelgelenke aufrichten, ist das ein gutes Zeichen: Bei diesem Patienten sind physiotherapeutische Maßnahmen noch Erfolg versprechend. Andernfalls besteht eine fixierte Beugekontraktur (kontrakte Hammerzehe) und man kann sich vergebliche Bemühungen sparen.

Spreizfußtest nach Grifka bei Metatarsalgie

Es gibt noch eine Reihe weiterer Prüfungen, etwa bei Metatarsalgie der Spreizfußtest nach Grifka: Die Zehen des Patienten werden vom Untersucher weit dorsalflektiert, dann wird Druck von dorsal plantar in Richtung Mittelfußköpfchen ausgeübt. Während der reine Druck von plantar keine Schmerzen verursacht, imitiert der Grifka-Test die Abstoßbewegung beim Laufen, die beim Spreizfuß oft sehr wehtut.

Die „Allerweltsdiagnose“ Metatarsalgie stellt im Prinzip nur eine Arbeitshypothese dar, unterstrich Dr. Gabel. Spreizfuß-Einlagen sollte man nur nach sorgfältiger Differenzialdiagnostik verordnen. Manchmal macht sich z.B. eine rheumatoide Arthritis zuerst an den Zehengelenken bemerkbar. Daneben gibt es posttraumatische Schmerzzustände – oder iatrogene, etwa wenn nach einer Hallux-valgus-Operation die große Zehe nicht mehr richtig „funktioniert“. Oft übersehen wird auch das Morton-Neurom – in diesem Fall kann es geschehen, dass Kollegen den Nervenschmerz vergeblich mit immer neuen Einlagerezepten bekämpfen.

Schmerz beim Abrollen? Hallux rigidus!

Bewegungsprüfung an den Gelenken gehört natürlich auch zur klinischen Diagnostik: Verursacht ein Hallux rigidus Beschwerden beim Abrollen? Oder sorgen Instabilitäten dafür, dass Gelenke ausrenken? Nicht zuletzt können Ihnen Ganganalysen wertvolle Informatio­nen liefern. Ebenso das Prüfen von Zehen- und Hackenstand: Wenn z.B. ein Patient mit Fersenschmerz nicht einbeinig auf die Zehen kommt („Klar muss man ihm dazu die Hand geben“), weist das auf eine Sehnenproblematik hin.


Auch wenn Sie mit Ihrer klinischen Untersuchung schon relativ weit kommen, wird häufig dennoch eine bildgebende Diagnostik nötig. Findet sich beispielsweise bei einem Metatarsalgie-Patienten im Röntgenbild der Mittelfußknochen III stark verlängert, dann lässt sich auch mit der besten Einlage das Mittelfußköpfchen nicht entlasten. Operativ kann man dagegen den Knochen etwas verkürzen und den gesunden Mittelfuß-Bogen wiederherstellen. 

Quelle: 48. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg

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