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Bei Rheuma schon ab 50 impfen?
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Vor Einführung der Varizellenimpfung hatte aufgrund der hohen Kontagiosität fast jedes Kind Windpocken. Bei Herpes zoster handelt es sich um die Reaktivierung dieser primären Infektion mit dem Varizella-zoster-Virus (VZV), der in sensorischen Ganglien von Spinalwurzeln und Hirnnerven lebenslang persistiert. Etwa ein Drittel aller Erwachsenen erleidet irgendwann im Leben aufgrund einer passageren oder dauerhaften Immunschwäche eine Zosterepisode, wobei die Inzidenz mit dem Alter stark ansteigt. Eine ungeimpfte Person hat im Alter von 85 Jahren ein 50%iges Risiko einen HZ zu entwickeln, schreibt ein Team um Dr. Ruth Dartsch vom Universitätsklinikum Münster.
Eine Depression kann das Zoster-Risiko erhöhen
Ein besonders hohes Zoster-Risiko haben Menschen mit einer Immunschwäche. Dazu gehören z. B. Männer und Frauen mit Autoimmunerkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes (SLE) oder rheumatoide Arthritis. Sie erkranken nicht nur häufiger, sondern auch schon in jüngeren Jahren an Herpes zoster. Die bei ihnen gehäuft bestehende Depression kann das Risiko zusätzlich steigern.
Die Reaktivierung der VZV droht auch unter einer immunmodulatorischen Therapie. Sowohl Biologika (bDMARD) als auch Non-b-DMARD und Glukokortikoide (insbesondere bei Dosen > 10 mg/d Prednisolon) gehen mit einer gesteigerten Zoster-Inzidenz einher. Ein signifikant erhöhtes Risiko im Vergleich zu konventionellen Basistherapeutika wurde für folgende Therapien gezeigt:
- Januskinase-Inhibitoren (adjustierte Hazard Ratio, aHR, 3,23)
- monoklonale TNF-a-Blocker (aHR 1,73)
- gezielte B-Zell-Therapie (aHR 1,62)
- lösliches TNF-Rezeptor-Fusionsprotein (aHR 1,45)
- Interleukin-6-Inhibitoren (aHR 1,41)
Die Diagnose eines Herpes zoster wird in der Regel aufgrund der typischen klinischen Manifestation mit Bläschen in einem oder mehreren benachbarten Dermatomen gestellt. Schwierig kann es werden, wenn die Hautveränderungen fehlen (Herpes sine herpete) und sich die reaktivierte Infektion nur mit starken Schmerzen manifestiert. In unklaren Fällen empfiehlt sich der molekulargenetische Nachweis von VZV-DNA mittels PCR aus Abstrichen von Effloreszenzen, Liquor, Serum oder Plasma.
Bei erhöhtem Risikoprofil (z. B. Alter über 50, Immunsuppression) sollte der Herpes zoster immer antiviral mit Nukleosidanaloga behandelt werden – bei einem kompliziertem Verlauf bzw. einem hohem Risiko dafür auch mit intravenösem Aciclovir. Hinzu kommt eine adäquate Therapie der nozizeptiven und neuropathischen Schmerzen.
Eine häufige Komplikation des Herpes zoster ist die Post-zoster-Neuralgie mit persistierenden Schmerzen über mindestens vier Wochen nach Abheilung der Hauteffloreszenzen. Risikofaktoren sind u. a. eine ausgeprägte Haut- und Augenbeteiligung, ein höheres Lebensalter, Immunsuppression und Diabetes. Auch ein SLE scheint eine Post-zoster-Neuralgie zu begünstigen. Behandelt wird nach WHO-Stufenschema mit NSAR, Metamizol, Paracetamol und Opioiden, bei neuropathischem Schmerz kommen Antikonvulsiva zum Einsatz, evtl. ergänzt durch Antidepressiva. Nach Heilung der Hauteffloreszenzen sind topische Cremes mit Capsaicin hilfreich, als zweite Wahl gelten Lidocain-Pflaster.
Damit es gar nicht erst zum Zoster kommt, empfiehlt die STIKO für alle über 60-Jährigen die zweimalige Impfung mit dem Totimpfstoff. Bei bestehenden Grunderkrankungen sollte schon ab 50 Jahren geimpft werden. Die Totimpfung kann auch unter einer laufenden immunmodulatorischen Therapie erfolgen und hat sich selbst nach autologer Stammzelltransplantation oder Organtransplantation als effektiv erwiesen. Da der Impfstoff sehr immunogen ist, muss vor der Impfung auf mögliche harmlose Nebenwirkungen wie Lokalreaktionen und vorübergehendes allgemeines Krankheitsgefühl hingewiesen werden.
Quelle: Dartsch RC et al. Akt Rheumatol 2024; 49: 85-91; DOI: 10.1055/a-2312-5481
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