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Keine Angst vor Rheumakranken

Laut der S3-Leitlinie zur frühen rheumatoiden Arthritis (RA) sollte jede neu aufgetretene RA fachärztlich angesehen werden, um die Langzeitprognose abzuschätzen. Nach Auffassung von Dr. Günther Egidi aus Bremen ist das ein ziemlich unrealistisches Ziel. „Dafür gibt es viel zu wenig Rheumatologinnen und Rheumatologen.“ Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Patrick Trotz aus Hamburg ist es ihm daher ein Anliegen, hausärztlich Tätigen das nötige Rüstzeug zu vermitteln, rheumatische Erkrankungen selbst behandeln zu können. Die beiden nutzen dafür Fallbeispiele.
Frau K., 85 Jahre
Die Patientin klagt über seit einiger Zeit bestehende Schmerzen in den Armen, seit Kurzem tun auch die Beine weh. Rechts ist die Abduktion der Schulter schmerzhaft reduziert, links die Außenrotation. Im Labor fällt eine deutliche Erhöhung der Akutphaseparameter auf.
Alter und Klinik weisen schon klar auf die Diagnose einer Polymyalgia rheumatica hin, wie die Kollegen erklären. Für die Erkrankung gibt es klare Diagnosekriterien, u.a. die Beteiligung von Schulter- und Beckengürtel, eine Morgensteifigkeit und die erhöhten Entzündungswerte. Ein Alter unter 50 Jahren spricht gegen eine Polymyalgia rheumatica.
Behandelt wird mit 15–20 mg Prednisolon als Startdosis. Man reduziert dann alle zwei bis drei Wochen um 2,5 mg bis auf 10 mg und weiter um etwa 1 mg alle vier Wochen bis zum Absetzen.
Wann in die Rheumatologie überweisen?
Wenn unter der Therapie mit Steroiden und MTX bei rheumatoider Arthritis keine eindeutige Besserung eintritt oder z. B. die Indikation zur Bildgebung besteht, ist die Weiterleitung in die fachärztliche (Mit-)Betreuung angeraten. Bei Polymyalgia rheumatica nannten die Referenten als Indikation zur Überweisung:
- Alter unter 50 Jahre
- nicht-akuter Beginn
- fehlendes Therapieansprechen
- Prednisolondosis nicht auf weniger als 7,5 mg absenkbar
- Zeichen einer anderen rheumatischen Erkrankung
Frau S., 66 Jahre
Diese Patientin hat seit drei Wochen eine schmerzhaft geschwollene linke Hand mit gleichzeitiger ca. 15 Minuten dauernder Morgensteifigkeit. Schwellungen sind an den Metacarpophalangealgelenken (MCP) II und III erkennbar, das CRP liegt nur knapp über der Norm. Eine Woche später kommen Druckschmerzen über MCP II und III und über dem IV. MCP rechts dazu. Ein auswärtiger Therapieversuch mit 7,5 mg Prednison hatte keine Besserung gebracht, auch Naproxen half nicht. Etwa sechs Wochen später bot die Frau quasi das Vollbild einer RA mit Befall auch der proximalen Interphalangealgelenke und einer Zehe.
Für die Diagnose orientiert man sich an den Kriterien der amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften, erklärte Dr. Trotz. Darin werden die Zahl befallener Gelenke, die Serologie – Rheumafaktor, Antikörper gegen zyklisch citrullinierte Peptide (Anti-CCP), Akutphaseparameter – und Symptomdauer berücksichtigt. Bei positivem Rheumafaktor kann man mit Blick aufs Budget auf die Anti-CCP-Messung verzichten.
Die Therapie in der Hausarztpraxis erfolgt mit Kortikosteroiden und Methotrexat (MTX). Man beginnt mit 20–30 mg Prednisolon und versucht, innerhalb von ca. zwei Monaten absteigend auf ca. 7,5 mg zu senken und nach fünf Monaten die Therapie zu stoppen. Die empfohlene MTX-Dosis liegt bei 15 mg/Woche. Am Tag darauf folgen 5 mg Folsäure gegen die MTX-Nebenwirkungen. Die zeitgleiche Gabe ist nicht sinnvoll, da MTX ein Antimetabolit der Folsäure ist. Unter MTX sollten Leberwerte und Differentialblutbild regelmäßig kontrolliert werden.
Quelle: 49. practica 2024
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