Weibliches Rheuma, männliches Rheuma?

Dr. Andrea Wülker

Rheumatische Erkrankungen zeigen sich bei Männern und Frauen ganz unterschiedlich. (Agenturfoto) Rheumatische Erkrankungen zeigen sich bei Männern und Frauen ganz unterschiedlich. (Agenturfoto) © Drobot Dean – stock.adobe.com

Bei entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen gibt es große Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Viele rheumatische Erkrankungen kommen bei Frauen häufiger vor. Allerdings wirken Antirheumatika bei Patientinnen oft schlechter, weshalb Therapieabbrüche keine Seltenheit sind.

Schon bei der Verteilung rheumatischer Erkrankungen fallen erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. Klassische Autoimmunerkrankungen mit Autoantikörperbildung betreffen Frauen deutlich häufiger; Beispiele hierfür sind vor allem Kollagenosen wie Sjögren-Syndrom, systemischer Lupus erythematodes, systemische Sklerose und als häufigste Gelenkerkrankung die rheumatoide Arthritis. Andere entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen ohne Autoantikörperbildung wie die ankylosierende Spondylitis, axiale und periphere Spondyloarthritis und Psoriasisarthritis treffen dagegen Männer häufiger als Frauen, schreiben Prof. Dr. Ina Kötter und Dr. Isabell Haase von der Klinik für Rheumatologie und Immunologie am Klinikum Bad Bramstedt.

Auch bei den Therapieerfolgen gibt es ein erhebliches Missverhältnis, denn Frauen sprechen auf viele in der Rheumatologie eingesetzten Medikamente schlechter an als Männer. So zeigen z. B. die Daten einer niederländischen Psoriasisarthritis-Kohorte, dass Frauen kürzer als Männer mit Methotrexat behandelt werden und früher Biologika erhalten. Eine minimale Krankheitsaktivität erreichten 58 % der Männer, aber nur 36 % der Frauen. Beim Therapieziel „Remission“ sah es ähnlich aus: 28 % der Männer schafften dieses Ziel, aber nur 11 % der Frauen. Anderes Beispiel: Die NORD-STAR-Studie verglich bei Patientinnen und Patienten mit früher rheumatoider Arthritis drei verschiedene Biologika mit konventioneller Therapie. In Woche 24 hatten Männer in allen vier Behandlungsarmen höhere Remissionsraten erzielt als Frauen. Auch für Nintedanib, das u.a. für die Therapie der interstitiellen Lungenerkrankung bei Vaskulitiden und rheumatoider Arthritis verabreicht wird, wurden Unterschiede zwischen den Geschlechtern nachgewiesen, allerdings eher in Bezug auf unerwünschte Wirkungen. Bei Frauen kam es häufiger zu Übelkeit, Erbrechen und Transaminasenanstiegen, was zu mehr Dosisanpassungen und Therapieabbrüchen führte. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Therapie bei Rheuma-Patientinnen öfter gewechselt werden muss – entweder, weil sie nicht so gut wirkt oder weil Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Frauen leiden anders

Generalisierte Schmerzen (Fibromyalgie) kommen bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern. Patientinnen mit rheumatoider Arthritis und Kollagenosen leiden auch signifikant häufiger an Fatigue und Depressionen.
Mehr Schmerzen, mehr Erschöpfung, mehr Depressivität bei Frauen – das liegt nach Ansicht der Autorinnen nicht nur an der unterschiedlichen Biologie von Männern und Frauen („sex differences“), sondern hat auch mit der unterschiedlichen Sozialisierung der Geschlechter zu tun („gender differences“).

Wie sieht es mit der Rheuma-Therapie bei Kinderwunsch, in der Schwangerschaft und Stillzeit aus? Teratogene Substanzen wie Methotrexat, Mycophenolat-Mofetil und Cyclophosphamid sollten bereits mehrere Monate vor Eintritt einer Schwangerschaft abgesetzt werden, während Azathioprin auch in der Schwangerschaft weiter eingenommen werden kann, schreiben die Expertinnen. Schwangere Lupus-Patientinnen dürfen Hydroxychloroquin weiterhin einnehmen, da es ein gutes Sicherheitsprofil besitzt und die Krankheit stabilisiert. Auch Ciclosporin A und Sulfasalazin sind für werdende Mütter erlaubt. Falls erforderlich, können TNF-Inhibitoren während der gesamten Schwangerschaft verabreicht werden. Vorsicht ist geboten im Hinblick auf JAK-Inhibitoren, Apremilast und neue Biologika, da die Datenlage hierzu noch nicht ausreicht – daher besser nicht in der Schwangerschaft verabreichen. Grundsätzlich sollte die medikamentöse Rheuma-Therapie vor einer Schwangerschaft individuell geplant und rechtzeitig angepasst werden.

Auch männliche Rheuma-Patienten mit Kinderwunsch benötigen u. U. eine Beratung. So kann z.B. Sulfasalazin bei Männern zu einer vorübergehenden Oligospermie führen. Wenn es mit einer gewünschten Schwangerschaft nicht klappt, sollte daher eine Umstellung der Medikation überlegt werden. Methotrexat in rheumatologischer Dosierung kann dagegen – anders als früher empfohlen – bei Zeugungswunsch weiter genommen werden.

Quelle: Kötter I, Haase I. Hamburger Ärzteblatt 2024; 78: 12-16

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Rheumatische Erkrankungen zeigen sich bei Männern und Frauen ganz unterschiedlich. (Agenturfoto) Rheumatische Erkrankungen zeigen sich bei Männern und Frauen ganz unterschiedlich. (Agenturfoto) © Drobot Dean – stock.adobe.com