Bei schwerer COPD Palliativ-Betreuung einrichten!

Manuela Arand, Foto: thinkstock

COPD-Patienten kommen häufig erst zu spät zum Palliativmediziner. Wie können Sie Ihrem Patienten eine würdevolle Sterbebegleitung ermöglichen?

Opioide gegen Atemnot

Auch wenn sich die medizinische Intuition heftig dagegen sträubt: Sie tun einem schwer dyspnoischen COPD-Patienten Gutes, wenn Sie ihm ein Opioid verordnen. Studien zeigen, dass dies die Atemnot hocheffektiv lindert, ohne dass man eine Atemdepression riskiert, die O2-Sättigung sinkt oder der CO2-Partialdruck steigt. Morphin ist für diese Indikation sogar zugelassen – andere Opioide nicht, „aber wir gehen davon aus, dass die genauso wirksam sind“, so Dr. Nehls.


Die Dosierungen sind niedriger als in der Schmerztherapie: Einstieg mit 2,5 bis 5 mg schnell wirksamem Morphin, dann allmähliche Steigerung und Umstellung auf lang wirksame Präparate, sobald die wirksame Dosis gefunden ist. Zusätzlich sollte der Patient ein schnell und kurz wirksames Opioid für den Bedarf bekommen. „Morphin bei Luftnot ist lege artis und nicht die Bankrotterklärung, weil nichts mehr hilft“, betonte Dr. Nehls.

So wie bei dem 85-jährigen Wolfgang V., der akut exazerbiert mit massiver Luftnot und Delir in der Berliner Lungenklinik Heckeshorn aufgenommen wurde. Erst nach sieben Tagen wurde ein Bett auf der Palliativstation verfügbar, zwei Tage später verstarb der Patient.


So sollte es eigentlich nicht ablaufen, denn „Palliativmedizin heißt nicht Medizin für Sterbende“, betonte Dr. Wiebke Nehls, Oberärztin am Berliner HELIOS Klinikum Emil von Behring. Vielmehr geht es darum, Patienten mit infauster Prognose bis zum Lebensende zu begleiten – das durchaus noch Monate in der Zukunft liegen kann. „COPD-Patienten leben mit Palliativbetreuung oft sehr lange, zum Ärger der Krankenkassen“, so die Palliativmedizinerin.

COPD, Angst und Depression
treten oft gemeinsam auf

Gerade COPD-Patienten tragen aber oft schwer an ihrer Krankheit, zumal fast alle gleichzeitig an Angst und Depressionen leiden. „Ein COPD-Patient, der depressiv ist, erlebt seine Dyspnoe ganz anders“, so Dr. Nehls. Zudem sind die Patienten oft schlechter versorgt als jene mit Lungenkrebs, trotz vergleichbarer Symptomlast und -muster.

Wann Palliativversorgung einleiten?

Die Palliativversorgung bei COPD-Patienten ist indiziert, wenn eines der allgemeinen klinischen und krankheitsspezifischen Kriterien vorliegt...

  • Schlechter Funktionszustand

  • Gewichtsverlust/Kachexie (auch bei adipösen Patienten möglich!)

  • Ungeplante Krankenhauseinweisungen

  • Mehr Pflegebedarf


... Plus mindestens zwei COPD-spezifische Indikatoren

  • Schwere Atemwegsobstruktion

  • Sauerstofflangzeittherapie

  • Atemnot in Ruhe

  • Symptomatische Herzinsuffizienz

  • BMI <21 kg/m2

  • Notfalleinweisung(en)


Studien zeigen, dass Atemnot, Fatigue und Depression das Bild dominieren, gefolgt von Husten und – mit fast 50 % erstaunlich häufig – Schmerzen. Mögliche Ursachen für chronische Schmerzen bei COPD sind Immobilität, Entzündungen, Osteoporose und andere Begleiterkrankungen.


Ärzte und Patienten unterschätzen das, wie Dr. Nehls selbstkritisch einräumte: „Wir als Ärzte haben Schmerz als COPD-Symptom nicht auf dem Schirm, die Patienten sehen den Zusammenhang zwischen COPD und Schmerzen nicht und berichten deshalb gar nicht darüber.“ Eine suffiziente Schmerztherapie könnte erheblich dazu beitragen, den Patienten die letzten Lebenswochen und -monate deutlich zu erleichtern.


Mit COPD-Patienten ein Gespräch über die „letzten Dinge des Lebens“ zu beginnen, ist oft schwierig, so die Erfahrung von Dr. Nehls. Indiziert ist ein solches Gespräch, wenn die Lungenfunktion sehr schlecht geworden ist (FEV1 unter 30 %), Begleiterkrankungen immer stärker das Bild bestimmen oder der Patient immer wieder aufgrund akuter Exazerbationen ins Krankenhaus muss: alles Zeichen einer sich verschlechternden Prognose.

Einstellung des Beatmungsgerät kann
das Sterben erleichtern

Denn es gibt vieles, was dann zu besprechen ist – nicht zuletzt, ob und wann man über eine Änderung des Therapieziels in kritischen Situationen nachdenken sollte. Es kann beispielsweise sinnvoll sein, ein Beatmungsgerät so einzustellen, dass das Sterben erleichtert wird.


Im Fall von Wolfgang V. stellte sich übrigens im Nachhinein heraus, dass er selbst gerne Begleitung und Sterbehilfe in Anspruch genommen hätte. Sein Motiv waren nicht die unerträglichen Symptome, sondern dass er der Familie nicht mehr zur Last fallen wollte. „Hier wurden Chancen verpasst, das hätte anders laufen können“, bedauerte Dr. Nehls.


Quelle: 56. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

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