Patienten auf den letzten Metern des Lebens richtig begleiten
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"Sterben ist ein einmaliger Prozess. Was da passiert, kann viele Wunden heilen. Was da schiefgeht, lässt sich nicht wiederholen", betonte Thomas Montag, Sprecher der Arbeitsgruppe Sterbephase der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) aus Köln. Kürzlich wurde eine eigene SOP (Standard Operating Procedure) für die Behandlung und Betreuung von terminal Kranken entwickelt und veröffentlicht.1
Sterbephase mitunter länger als sieben Tage
Die Definition der Sterbephase allerdings ist schwammig. Die S3-Leitlinie "Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung" spricht von den letzten drei bis sieben Lebenstagen. Das Zeitfenster kann bei anderen Erkrankungen aber deutlich länger ausfallen und nicht so abrupt eintreten wie häufig bei Krebspatienten.
Symptomkontrolle in der Sterbephase | |
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Symptom | Medikament |
Schmerzen | Morphin 5–10 mg oder 1/6 der Tagesdosis s.c./i.v. |
Unruhe | Midazolam 2,5–5 mg s.c./i.v. |
Angst | Lorazepam, z.B. 0,5–1,0 mg i.v. |
Delir | Haloperidol 2,5–5 mg s.c. |
Übelkeit/ Erbrechen | Haloperidol 0,5 mg s.c. |
Atemnot | Morphin 1–10 mg oder 1/6 der Tagesdosis s.c., bei Angst zusätzlich Lorazepam 1–2,5 mg s.l. oder Midazolam 1–5 mg s.c. |
Rasselatmung | Flüssigkeitszufuhr drosseln, Lagerung) Butylscopolamin 20–40 mg s.c. |
Mit dem Betroffenen und den Angehörigen über eine beginnende Sterbephase zu reden, gestaltet sich nicht immer einfach. Aber das Gespräch ist laut Montag entscheidend für alles, was kommt, und wird in der Leitlinie ausdrücklich empfohlen. Beispielsweise geht es um die Frage nach der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr. Ob die Angehörigen über das zu Erwartende informiert werden sollen, hängt auch vom Einverständnis des Patienten ab.
Die Einschätzung, ob es sich um die letzte Lebensphase handelt, sollte im Team aller Beteiligten gestellt werden. Dabei liefern die Beobachtungen von Pflegekräften oder bei zu Hause betreuten Kranken von Angehörigen wertvolle Hinweise. Mitunter können diese Personen folgende Punkte sogar besser beurteilen als der behandelnde Arzt:
- Veränderungen der Atmung
- Verwirrtheit, Änderungen von Emotionen und Bewusstsein
- zunehmende Schwäche und reduzierter Allgemeinzustand
- Hautveränderungen
- Verlust des Interesses an Essen und Trinken
Zur Feststellung der Sterbephase gehört letztlich immer auch ein Stück Intuition, so die Erfahrung des Referenten. Dabei kann es helfen, sich selbst und den übrigen betreuenden Personen die Frage zu stellen, ob es sehr verwundern würden, wenn der Patient in den nächsten Tagen stirbt. Nach spätestens drei Tagen sollte man diese Einschätzung erneut erfassen. Nicht selten kommt es beispielsweise beim Absetzen aller nicht unbedingt notwendigen Medikamente bei älteren Patienten zumindest kurzfristig zu einer Verbesserung des Allgemeinzustands oder der Verwirrtheit.
Keine Nahrungsaufnahme bedeutet nicht gleich Leid
Grundsätzlich gilt es sicherzustellen, dass nicht andere, womöglich behebbare Ursachen den beobachteten Veränderungen zugrunde liegen. Alle in diesem Zusammenhang erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen müssen aber indiziert, angemessen und zumutbar sein sowie dem Willen des Patienten entsprechen. Die Messung und Dokumentation von Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Blutzucker, Sauerstoffsättigung und Körpertemperatur sollen gemäß Leitlinie beendet werden, wenn kein Nutzen im Sinne der Symptomlinderung besteht.
Das fehlende Bedürfnis der sterbenden Patienten zu essen und zu trinken, bedeutet meist kein Leid, sagte Montag. Ein multidisziplinäres Team sollte den entsprechenden Bedarf überprüfen. Nach sorgfältiger Einzelfallentscheidung kann laut Leitlinie die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr beendet werden bzw. entfallen, denn sie belastet den Betroffenen womöglich nur zusätzlich.
Die unangenehme Mundtrockenheit, oft als Durstgefühl interpretiert, lässt sich durch eine entsprechende Mundpflege beheben. Das Sterben darf durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden nicht nur von medizinischen Maßnahmen, sondern auch durch den Stopp einer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr ermöglicht werden. Voraussetzung jedoch ist, dass dies auch dem Willen des Patienten entspricht.
Bestmögliche Lebensqualität durch Bedarfstherapie
Die Therapie zielt auf die Linderung der häufigsten Symptome in der Sterbephase (Delir, Rasselatmung, Mundtrockenheit, Angst, Unruhe, Atemnot) und eine bestmögliche Lebensqualität. Wie Dr. Klaus Maria Perrar vom Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln erläuterte, eignen sich Morphin, Benzodiazepine und Haloperidol (s. Tabelle) als Bedarfsmedikation.
1. Montag T et al. Onkologe 2017; 23: 385-388
Quelle: 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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