
Beim Melanom gehts weiter voran

Der dermatoskopische Nachweis typischer Melanommuster hat die Trefferquote im Vergleich zur ABCD-Regel erheblich gesteigert. Die Auflichtmikroskopie bleibt unverzichtbar, schreibt das Autorenteam um Benjamin Pohl von der Hautklinik am Universitätsspital Basel. An Bedeutung gewinnt aber die Detektion zirkulierender Tumor-DNA (ct-DNA) im peripheren Blut. Die Liquid Biopsy befindet sich bei Melanom zwar noch im Erprobungsstadium, liefert aber vielversprechende Resultate. Etwa 90 % der Melanompatientinnen und -patienten weisen eine BRAF-, NRAS- oder TERT-Mutation auf. Ein Faktor, der prognostisch durchaus relevant ist.
Auch die diagnostische Unterstützung durch KI-Systeme sowohl in der Praxis als auch im Rahmen eines teledermatologischen Konsils entwickelt sich stetig weiter, reine KI-Diagnose-Systeme ohne eine Überprüfung durch den Menschen führen allerdings noch zu vielen Überdiagnosen, betonen die Forschenden.
Große Fortschritte werden zudem hinsichtlich der Systemtherapien gemacht. Eine Möglichkeit bietet der PD1*-Inhibitor Pembrolizumab für Erkrankte ohne Sentinelmetastasen im AJCC-Stadium IIB/C. Er ist für die adjuvante Behandlung von der EMA-zugelassen. Eine Studie ergab eine 30%ige Verbesserung des rezidivfreien Überlebens im Vergleich zu Placebo. Nach zwei Jahren waren 81 % vs. 72 % der Therapierten noch tumorfrei. Wegen des Nebenwirkungsprofils empfiehlt das Autorenteam allerdings im frühen Stadium eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiko.
Eine weitere Entwicklung im resezierbaren Stadium ist die neoadjuvante Therapie mit Pembrolizumab. Die präoperative Gabe von 3 der 18 Zyklen erhöht das Gesamtüberleben im Vergleich zum adjuvanten Einsatz des PD1-Inhibitors.
Ein neuer Therapieansatz ist die Inhibition des Lymphozyten-Aktivierungsgens-3 (LAG-3). In einer Phase-3-Studie mit Relatlimab verlängerte diese Strategie das progressionsfreie Überleben bei fortgeschrittenem, nicht-resezierbarem oder metastasiertem Melanom. Die mit dem LAG-3-Hemmer und Nivolumab behandelten Patientinnen und Patienten lebten im Mittel noch 10,1 Monate später progressionsfrei, unter der Monotherapie mit dem PD1-Hemmer waren es nur 4,6 Monate.1
Die Kombination von Relatlimab und Nivolumab führt allerdings häufiger zu schweren Nebenwirkungen (Grad 3–4). Diese haben sich aber als klinisch gut beherrschbar erwiesen, schreibt das Autorenteam. Deshalb könnte Relatlimab plus Nivolumab eine Option zur systemischen Erstlinientherapie für diese Patienten bieten. Die Kombination ist laut Fachinformation zwar zugelassen, aber war zum Zeitpunkt der Publikation auf dem deutschen Markt noch nicht eingeführt. Zudem fehlen Vergleiche zu der am häufigsten genutzten Kombitherapie aus dem CTLA-4**-Inhibitor Ipilimumab und Nivolumab. Dieses Duo (Ipi/Nivo) eignet sich wegen der im Verhältnis gesehen guten Verträglichkeit auch für Patienten mit Begleiterkrankungen.
Eine weitere Möglichkeit bei metastasiertem Melanom bietet die Therapie mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten. Diese Zellen werden aus einer Tumorläsion gewonnen und kulturell vermehrt. Nach dem Versagen der PD1-gerichteten Immuntherapie war diese Strategie dem CTLA-4-Inhibitor überlegen, so das Ergebnis einer Phase-3-Studie.
Talimogen-laherparepvec (T-VEC) ist das erste für die Malignomtherapie zugelassene onkolytische Virus. Es handelt sich um eine veränderte Form des Herpes-simplex-Virus Typ 1. T-VEC vermehrt sich in den malignen Zellen und exprimiert Oberflächenmarker, die das Immunsystem stimulieren.
Neben der systemischen Immunantwort gegen das Melanom wird zudem einen lokale Tumorlyse ausgelöst. In einer Phase-3-Studie schnitt das Medikament besser ab als ein Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor hinsichtlich Gesamtansprechen, kompletter Remission und Gesamtüberleben. Die Zulassung beschränkt sich allerdings auf Erwachsene mit nicht-resezierbaren, lokal oder fernmetastasierten Melanomen in den Stadien IIIB, IIIC oder IVM1a ohne Knochen-, Hirn-, Lungen- und andere viszerale Beteiligung, heißt es.
Auch für die Zweitlinienbehandlung des Melanoms gibt es heute eine Strategie: Nach einem Rezidiv oder Progress mit einem PD-L1-Inhibitor entweder als Mono- oder als Kombitherapie mit einem Anti-CTLA-4-Inhibitor wird entweder auf Ipilimumab mono oder auf eine Chemotherapie gewechselt, falls Ipilimumab bereits genutzt wurde.2 Eine weitere Option stellt eine Phase-2-Studie in Aussicht, nämlich die Möglichkeit, bei Versagen der PD1- oder PD-L1-Inhibition auf Lenvatinib/Pembrolizumab zu wechseln, Phase-3-Studien stehen allerdings noch aus.
Zur Therapie des Aderhautmelanoms eignet sich Tebentafusp. Es erzielte in einer Phase-3-Studie bei HLA-A*02:01-positiven Personen ein Gesamtüberleben von 73 % vs. 59 % in der Kontrollgruppe mit Pembrolizumab, Ipilimumab oder Dacarbazin. Das Fusionsprotein bindet sowohl Oberflächenmarker der Melanomzellen als auch CD3-positive Zellen. Auch beim kutanen Melanom könnte der Wirkstoff eine Zukunft haben, ggf. in Kombination mit dem PD-L1-Hemmer Durvalumab und/oder dem CTLA-4-Inhibitor Tremelimumab.
* programmed cell death
** cytotoxic T-Lymphocite associated protein-4
Quellen:
1. Twabi HA et al. 2022; 6;386: 24-34; DOI: 10.1056/NEJMoa2109970
2. Ferrucci PF. Ann Transl Med 2023; 11: 296; DOI: 10.21037/atm-23-341
3. Pohl BD et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 352-356; DOI: 10.4414/smf.2024.1458120677
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