
Blutungskomplikationen bei Eingriffen an der Haut – neue Leitlinie gibt Hilfestellung

Blutverdünnende Medikamente werden bei bevorstehenden operativen Eingriffen kritisch gesehen. Lange Zeit war nicht klar, wie das perioperative Management insbesondere unter den heutzutage verstärkt verordneten oralen Antikoagulanzien ablaufen soll. Die neue S3-Leitlinie zum Umgang mit Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern bei Operationen an der Haut kann in diesen Fällen Hilfestellung geben.1
Ein perioperatives Bridging mit Heparin hält man bei Vitamin-K-Antagonisten mittlerweile nicht mehr für sinnvoll, berichtete Professor Dr. Hans-Martin Häfner von der Universitätshautklinik Tübingen.
Hemmer bei kleinen Eingriffen weiterführen
Laut der aktualisierten Leitlinie ließen sich keine Unterschiede bezüglich der Häufigkeit thromboembolischer Ereignisse feststellen. Hinsichtlich der oralen Antikoagulanzien dient als Basis für diese Aussage lediglich die Expertenmeinung der Autoren, da keine relevanten Daten zum Blutungsrisiko vorliegen.
Prinzipiell sollten VKA, nicht-Vitamin-K-antagonistische orale Antikoagulanzien (NOAK) und Plättchenhemmer weitergeführt werden – insbesondere bei kleinflächigen Curettagen und Stanzbiopsien mit geringem Risiko für Blutungskomplikationen. Bei den NOAK Apixaban und Dabigatran kann weiterhin erwogen werden, die morgendliche reguläre Einnahme am OP-Tag auszusetzen (12 h Abstand zwischen letzter Einnahme abends und OP). Bei Edoxaban und Rivaroxaban, die dagegen nur einmal täglich eingenommen werden, würde man eine abendliche Gabe am Tag vor der OP pausieren. Bei morgendlicher Einnahme nimmt der Patient das Antikoagulans eine Stunde nach dem Eingriff.
Eingriffe mit erhöhtem Risiko
- Operationen, die tiefere Strukturen, z.B. Faszie, Muskulatur, Periost, Knorpel oder Knochen, miteinbeziehen
- Interventionen an stark durchblutetem Gewebe im Kopf-, Halsbereich, in der Genitalregion oder an Metastasen (verstärkte Tumorperfusion)
- Eingriffe an schlecht einsehbaren Stellen bzw. kleinen Zugängen (u.a. Liposuktion, Schweißdrüsenkürettage, Lymphknotenchirurgie)
- großflächige Interventionen, die mehrzeitig erfolgen, ablativ sind (z.B. beim Rhinophym) oder einem Hauttransfer dienen
Zielbereiche der International Normalized Ratio (INR) je nach Indikation | |
---|---|
Vorhofflimmern/-flattern (bei Indikation zur Antikoagulation) | 2,0–3,0 |
TBVT/ Lungenembolie | 2,0–3,0 (Patienten mit Antiphospholipid-Syndrom evtl. höher) |
mechanische Herzklappen, Bioprothesen | 2,0–3,5 (z.T. bis 4,5) |
Die normale plasmatische Blutgerinnung liegt bei einem Wert von 1,0 (0,90–1,25). |
NOAK bei eingeschränkter Nierenfunktion
Bei dualer Plättchenhemmung ggf. Monotherapie abwarten
Auch für ASS gibt es keine Indikation, es abzusetzen, ergänzte Prof. Häfner. Falls die ASS-Dosis vor einem elektiven Eingriff innerhalb von 72 h präoperativ > 500 mg lag, wäre zu überlegen, ob eine Intervention bei höherem Blutungsrisiko verschoben werden kann. Bei einer zeitlich begrenzten dualen Plättchenhemmung könnte man darüber nachdenken, einen elektiven Eingriff bis zur Umstellung auf eine Monotherapie zu verschieben.* Online-Veranstaltung
1. S3-Leitlinie Umgang mit Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern bei Operationen an der Haut, AWMF-Register-Nr.: 013-085, www.awmf.org
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).