Bronchopulmonale Dysplasie: Luftnotanfälle, chronische Obstruktion und Lungenhochdruck

Maria Weiß

Die perinatale Beatmung kann in der Lunge eines Frühgeborenen Schäden im Sinne einer bronchopulmonalen Dysplasie verursachen. Die perinatale Beatmung kann in der Lunge eines Frühgeborenen Schäden im Sinne einer bronchopulmonalen Dysplasie verursachen. © wikipedia/Pulmonological

Die neonatale Lungenstörung in Form einer bronchopulmonalen Dysplasie ist kein Todesurteil mehr. Doch die Erkrankung hinterlässt oft bleibende Schäden, die sich im Erwachsenenalter unterschiedlich manifestieren.

Ursprünglich wurde die bronchopulmonale Dysplasie (BPD) als Lungenschädigung durch die perinatale künstliche Beatmung bei Frühgeborenen definiert („alte“ Form) – heute bezeichnet dieses Krankheitsbild auch andere Schädigungen in frühen Stadien der Lungenentwicklung. Typisch ist eine frühe Unterbrechung der Alveo­larentwicklung mit Bildung von weniger und einfacher aufgebauten Alveolen und kleineren dickwandigen Atemwegen.

Immer häufiger erreichen Patienten mit BPD heute das Erwachsenenalter und tauchen dann mit Folgeschäden beim Pneumologen auf. Dr. Steven J. Cassady und seine Kollegen vom Department of Pulmonary & Critical Care Medicine an der University of Maryland School of Medicine schildern ihre Erfahrungen mit diesen Patienten, bei denen sich überwiegend drei verschiedene Phänotypen unterscheiden lassen.

Asthmaähnlicher Phänotyp:

In der 23. Woche geboren und nachfolgend mit einer BPD diagnostiziert, leidet der heute 28-Jährige seit seiner Jugend an asthmaähnlichen Beschwerden mit episodischer Kurz­atmigkeit und Brustenge. Wiederholt wurden Krankenhausaufenthalte mit Beatmung notwendig.

Der junge Mann berichtet von zahlreichen verschiedenen Auslösern der Anfälle, sein Behandlungsregime musste immer wieder angepasst werden. Die Spirometrie zeigt eine schwere Obstruktion, die FEV1 liegt bei 30 % des Sollwerts.

Diesen asthmaähnlichen Phänotyp findet man vor allem bei ehemaligen Frühgeboren mit der „alten“ BDP-Form. Eine Hyperreagibilität der Atemwege haben in der Adoleszenz bis zu 60 % dieser Patienten. Betroffene Kinder sprechen häufig schlechter auf Bronchodilatatoren an und auch inhalative Kortikosteroide scheinen weniger effektiv zu sein.

Chronische Obstruktion und Emphysem

Die Autoren berichten von einem heute 32-jährigen ehemaligem Frühgeborenen mit BPD. Er entwickelte schon als Kleinkind ein chronisches hypoxämisches Lungenversagen, das eine Tracheotomie erforderlich machte. Später kam es zur Tracheomalazie mit wiederholten Episoden einer Aspirationspneumonie. Der Mann führt mit Unterstützung seiner Familie ein selbstständiges Leben, bekommt mehrere Bronchodilatatoren und Budesonid über den Vernebler, zur Nacht erhält er Sauerstoff.

Auch eine obstruktive Lungenerkrankung mit schon früh eingeschränkter Lungenfunktion ist ein häufiger Befund bei ehemaligen Frühgeborenen mit BPD. Bei sehr geringem Geburtsgewicht (< 1000 g) oder nach sehr früher Entbindung (< 28 Wochen) scheint sich die Lungenfunktion besonders rasch zu verschlechtern. Häufig findet man auch ein – zumeist zentrolobuläres – Lungenemphysem, insbesondere bei der „alten“ Form der BPD. In einer Studie mit 51 Erwachsenen fand man bei 47 % Hinweise darauf.

Pulmonale Hypertonie

Ein heute 21-jähriger Mann, der termingerecht und mit normalem Gewicht zur Welt gekommen war, fiel sofort nach der Geburt durch respiratorische Störungen auf und bekam die Diagnose „zyanotische neonatale Lungenerkrankung“. Als Kleinkind zeigte er Wachstumsstörungen und entwickelte mehrmals einen spontanen Pneumothorax sowie eine Kyphoskoliose. Im Alter von drei Jahren brauchte er eine Pleurodese, die ein Rechtsherzversagen nach sich zog. Zu diesem Zeitpunkt entdeckte man eine pulmonalarterielle Hypertonie (PAH), die bis heute medikamentös und mit nächtlicher Sauerstoffgabe behandelt wird.

Pulmonale Gefäßerkrankungen betreffen 21–42 % der BPD-Patienten, wobei das Risiko für extrem Frühgeborene, bei niedrigem Geburtsgewicht und schweren BPD-Formen, erhöht ist. Hat sich eine pulmonal­arterielle Hypertonie manifestiert, beträgt die Sterblichkeit im ersten Jahr 38 %, bei 90 % der Überlebenden bessert sie sich im Laufe der Kindheit. Als Ursache gelten Entwicklungsstörungen der pulmonalen Lungengefäße mit reduzierten Verzweigungen und persistierenden intrapulmonalen venösen Anastomosen. Behandelt wird wie bei der idiopathischen PAH.

Auch mit vielen anderen gesundheitlichen Problemen müssen sich überlebende Bronchodysplasie-Patienten herumschlagen, sodass bei ihrem Übergang ins Erwachsenenalter eine enge Zusammenarbeit von Pädiatern und Erwachsenen-Medizinern notwendig ist.

Quelle: Steven J Cassady et al. Chest 2020; DOI: 10.1016/j.chest.2020.05.553

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Die perinatale Beatmung kann in der Lunge eines Frühgeborenen Schäden im Sinne einer bronchopulmonalen Dysplasie verursachen. Die perinatale Beatmung kann in der Lunge eines Frühgeborenen Schäden im Sinne einer bronchopulmonalen Dysplasie verursachen. © wikipedia/Pulmonological