Bühne frei für das Phosphat

Dr. Dorothea Ranft

Auch Vitamin-D-Präparate eignen sich zur Behandlung bei einem Phosphatmangel im Blut. Auch Vitamin-D-Präparate eignen sich zur Behandlung bei einem Phosphatmangel im Blut. © peterschreiber.media – stock.adobe.com

Eine ganze Reihe von Einflussfaktoren stört den Phosphathaushalt. Ein Zuviel oder Zuwenig an Phosphat im Körper macht sich nicht sofort bemerkbar, die Folgen können aber gravierend sein. Wie Aufnahme und Ausscheidung geregelt werden, wann Laborkontrollen sinnvoll sind und welche Therapieoptionen existieren, haben Schweizer Ärzte zusammengestellt.

An der Phosphathomöostase sind neben der Glykolyse in der Muskulatur diverse Organe beteiligt, vom Knochen bis zum Darm. Eine besonders wichtige Rolle spielen das Parat­hormon (PTH), der Fibroblast Growth Factor 23 (FGF23) und Calcitriol (1,25-(OH)2-Vitamin-D3). Aufgabe der Nieren ist es, die Konzentration von Phosphat durch Rückresorption aufrechtzuerhalten. Parathormon und FGF23 wirken dabei phosphaturisch, indem sie die Wiederaufnahme vermindern. Beide sind Gegenspieler des Calcitriols, das die Rückresorption steigert. Der Knochen fungiert quasi als Speicher für Phosphat und Kalzium und ist gleichzeitig die Produktionsstätte für  FGF23, schreiben Prof. Dr. ­Andreas ­Serra von der Klinik Hirslanden in Zürich und Kollegen.

Das Parathormon setzt Phosphat aus dem Knochen frei, Calcitonin und Calcitriol fördern den Phosphateinbau, also die ossäre Mineralisation. Bei einem plötzlichen PTH-Abfall (z.B. bei Parathyreo­idektomie) kommt es bei chronischer Niereninsuffizienz häufig zu einem Hungry-Bone-Syndrom, weil die Absorption von Kalzium und Phosphat im Knochen erhöht wird, mit nachfolgender Hypophosphatämie.

Auch der Darm ist beteiligt: Zwischen enteraler Phosphataufnahme und alimentärem Angebot besteht eine lineare Beziehung. Diarrhö und Steatorrhö können zu einem Phosphatmangel führen. Zwei- bis dreifach positiv geladene Moleküle bilden Komplexe mit Phosphat und reduzieren so die intestinale Aufnahme. Das passiert bei der Einnahme von Antazida und Laxanzien, die Kalzium, Aluminium und Magnesium enthalten, oder unter einer Therapie mit Phosphatbindern. 

Zu den Auswirkungen einer anhaltenden Hypophosphat­ämie gehören Störungen der Knochenmineralisation mit Minderwuchs, Knochendeformationen, Frakturen sowie extraossäre Muskelschwäche, Muskelschmerzen und Nephrokalzinose. Die chronische Hyperphosphatämie ist praktisch nur im Zusammenhang mit einer chronischen Niereninsuffizienz möglich. Die familiäre tumoröse Kalzinose ist eine Rarität.

Bei Hypo­phosphatämie an der Ursache ansetzen

Zur Evaluation des Phosphathaushalts raten die Autoren bei diversen Störungen (s. Kasten). Der Normbereich der fraktionierten Phosphat­ausscheidung – FE(PO4) – liegt zwischen 0 und 20 %. Bei Patienten mit Hypophosphatämie weist ein Wert > 5 % auf einen Verlust über die Nieren hin. Falls die renale Exkretion vermehrt ist, kommt bei Erwachsenen mit niedriger Serumharnsäure und Glukosurie ein Fanconi-Syndrom in Betracht. Fehlen diese Befunde, ist bei erhöhtem PTH ein Hyperparathyreoidismus auszuschließen. Bei normalem PTH, aber verstärkter Kalziumausscheidung sollte man nach seltenen Ursachen wie HHRH* und idiopathischer Hyperkalziurie fahnden. Besteht keine vermehrte Kalziumexkretion, könnte eine X-linked Hypophosphatämie oder eine tumorinduzierte Osteomalazie vorliegen.

Wann das Phosphat kontrolliert werden sollte

  • Niereninsuffizienz
  • Uronephrolithiasis
  • Knochenverformungen
  • Frakturen nach Bagatelltrauma
  • Intensivierung der Insulintherapie
  • Refeeding nach Mangelernährung
  • Alkoholintoxikation
  • Parathyreoidektomie
  • Alkalose
  • Diarrhö
  • Steatorrhö
  • Anwendung von Medikamenten, die den Phosphathaushalt stören (z.B. Diuretika, Kortikosteroide, Chemotherapeutika, hohe Vitamin-D-Dosen)

Therapeutisch steht bei der Hypo­phosphatämie die Behandlung der Ursache an erster Stelle. Eine Supplementierung ist erst ab einem Spiegel < 0,6 mmol/l indiziert und sollte möglichst oral erfolgen. Die Autoren empfehlen eine Tagesdosis von 20–30 mmol anorganischem Phosphat oder Kaliumphosphat. Alternativ kommt fettreduzierte oder entrahmte Milch in Betracht.

Für eine intravenöse Phosphatgabe plädieren die Verfasser, wenn der Serumspiegel unter 0,3 mmol/l sinkt. Bei einem Wert über 0,6 mmol/l wird die Substitution beendet. Eine gleichzeitig bestehende Hyperkalzämie sollte möglichst vor der Phosphatgabe korrigiert werden (z.B. mit Cinacalcet). 

Auch Vitamin-D-Präparate eignen sich zur Behandlung bei einem Phosphatmangel im Blut. Der Antikörper Burosumab hemmt die Aktivität des FGF23, er ist zugelassen für die X-linked Hypophosphatämie und die tumorinduzierte Osteomalazie.

Die Therapie der Hyperphosphatämie bei chronischer Nierenerkrankung beginnt mit einer Diätberatung. Der Patient soll möglichst wenig Phosphat aufnehmen, ohne eine Mangelernährung zu riskieren. Es gilt also z.B. konservierte Fleisch- und Fischwaren, Schmelz- und Streichkäse, Milchprodukte sowie Fertiggerichte und Cola zu meiden. In der Praxis wird ein Serumphosphatwert von bis zu 1,8 mmol/l und ein PTH-Zielbereich des Zwei- bis Neun­fachen des oberen Normbereichs akzeptiert. Die akute und schwere Hyperphosphatämie wird mittels Dialyse behandelt. 

* Hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie

Quelle: Serra AL et al. Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 93-100; DOI: 10.1055/a-2047-3665

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